Konfirmationspredigt über Joh 13,34f, Jubilate Kirche Bonneberg, 9.30 Uhr
Liebe Annalena, lieber Cedric, liebe Cinja, lieber David, lieber Erik, lieber Jamie, liebe Lena, liebe Lena, liebe Lina, lieber Lukas, liebe Marleen, liebe Monja, lieber Nico, lieber Nils, lieber Oliver, lieber Thilo, liebe Gemeinde!
Wir freuen uns darüber, dass wir gemeinsam mit Euch Konnfirmationn feiern dürfen. Die zwei Jahre mit Euch als Gruppe sind einerseits sehr schnell vergangen, aber andererseits habe ich auch das Gefühl: es ist ein langer Weg, der hinter uns liegt, ein langer Weg vom ersten Elternabend, vom ersten Unterrichtstag, den wir dichtgedrängt hier oben im eigentlich dafür zu kleinen Kindergottesdienstraum des Bonneberger Gemeindehauses verbracht haben, bis zu ihrem Konfirmationstag heute. Es ist viel passiert während dieser zwei Jahre, in Eurem, in meinem Leben. Es ist viel passiert, während der Stunden, die wir zusammen verbracht haben. Nichts geändert hat sich in den zwei Jahren an dem „Ja“,dass Gott zu Euch, zu jedem und zu jeder von uns gesprochen hat. Nichts hat sich daran geändert, dass Gott sei „Ja“, wenn es sein muss, auch gegen einseitig, trotz uns, durchhält und aufrecht erhält.
Aber ich freue mich, dass Ihr Gottes „Ja“ heute mit Eurem kleinen „Ja“ beantwortet, und ich hoffe sehr, dass Ihr es fröhlich, so recht aus freien Stücken tut: Danke, lieber Herr, dass Du uns mit dabei haben willst, Danke, dass wir auch in Zukunft gemeinsam mit Dir als Geschwisterkinder leben dürfen.
Ich habe in diesem Jahr den Text für die Konfirmationspredigt selbst ausgesucht. Der in diesem Jahr eigentlich vorgeschlagene Text ist auch sehr schön schon allein weil er Lenas Taufspruch enthält, aber zu dem habe ich letzten Sonntag bei der Taufe schon einiges gesagt. Ich wollte für dieses Jahr aber gerne wie in Lenas Taufspruch ein Jesus-Wort haben, und ich habe nach einem Wort gesucht, in dem Jesus etwas zur Liebe sagt.
Love ist not the answer to everything. Liebe ist nicht die Antwort für alles, höre ich Sophie Hunger in einem Stück ihres letzten Albums einwenden. Auch in unserer Bibel keine einfach zu beantwortende Frage, sondern vom ersten Buch der Bibel bis zum letzten eine spannungsgeladene: Was wird am Ende die Oberhand behalten: Gottes Liebe zu uns oder seine Liebe zum Recht, zur Gerechtigkeit? Diese Spannung wird nicht aufgelöst. Sie mündet im letzten Vers der Bibel in eine Bitte: Die Gnade des Herrn Jesu sei mit allen.
Natürlich ist Liebe eines der kostbaren Worte der Bibel. Es ist kaum oder gar nicht zu toppen. Gibt es etwas, dass wir uns stärker wünschen, als lieben zu können und als geliebt zu werden? Gibt es etwas, womit wir öfter und grandioser oder kläglicher scheitern? Wir überfrachten das Lieben mit unserer romantischen Sehnsucht, die einfach nicht totzukriegen ist.
Das Lied, das wir gerade gesungen haben, habt ihr Euch sowohl für den Vorstellungs- als auch den Konfirmationsgottesdienst gewünscht. Ich glaube, wir haben es bei fast jeder Wochenunterrichtsstunde und bei fast jedem Blockunterricht gesungen.
Liebe ist nicht nur ein Wort, Liebe das sind Worte und Taten, als Zeichen der Liebe ist Jesus geboren, als Zeichen der Liebe für diese Welt. Liebe, die nur aus schönen Worten besteht, Liebe, die nicht tut, was sie sagt, die kannst Du getrost vergessen, die kannst Du getrost in der Pfeife rauchen. Gottes Liebe zu uns lässt sich an dem messen, sie gibt sich durch das zu erkennen, was sie tut.
Gottes Wort, mit dem er die Welt geschaffen hat, bindet sich an das kleinste und widerspenstigste aller Menschenvölker, an Israel. Gottes Wort nimmt sich zurück, es macht sich klein und unscheinbar, es wird Fleisch und Blut in einem schreienden Kind in einer Futterkrippe, hilflos wie alle neugeborenen Menschenkinder, darauf angewiesen von seiner Mutter von seiner Mutter gewickelt und gestillt zu werden. Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander liebt. Daran erkennen alle, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe zueinander habt.
Das sagt der erwachsene Jesus zu denjenigen unter seinen Schülern, die tagein, tagaus mit ihm unterwegs sind. Eben noch haben sie zusammen gegessen. Während des Essens hat Jesus zu seinen Schülern gesagt. Einer unter euch wird mich verraten. Seine Jünger waren nicht empört. Sie haben nicht gesagt: Wie kannst Du so was überhaupt denken, geschweige denn aussprechen. Sie haben einen Schreck bekommen. Sie haben das alle für möglich gehalten, dass Jesus sie meint. Jesus hat gesagt, der, der seinen Bissen mit mir in die Schüssel taucht. Es ist Judas, der das tut. Was du tun willst, das tu bald, sagt Jesus, Und Judas steht auf, verlässt den Raum, geht weg.
Direkt vor dem Essen hat Jesus sich eine Schürze umgebunden, sich eine Schüssel mit frischem Wasser geholt. Er hat sich hingekniet und hat seinen Schülern die vom stundenlangen Laufen staubigen Füße gewaschen, allen seinen Jüngern, auch dem Judas, von dem Jesus wusste, dass er ihn an die jüdischen Oberen ausliefern wird, auch dem Petrus, der das anfangs überhaupt nicht wollte, dass sein Herr und Meister ihm die Füße wäscht.
Liebt einander, wie ich euch geliebt habe! Das sagt Jesus heute zu Euch 16, die Ihr gemeinsam konfirmiert werdet. Niemand verlangt von Dir, die halbe Welt zu umarmen, Jesus ganz bestimmt nicht. Beim lieben geht es immer um konkrete, bestimmte Menschen. Natürlich sagt Jesus sein „Liebt einander“ nicht nur zu Euch sechzehn Er sagt es zu uns allen. Und natürlich habt ihr es in Eurem Leben nicht nur mit Eurer Konfirmandengruppe zu tun, sondern mit vielen anderen Menschen, von denen einen ganze Reihe vermutlich eine zentralere Rolle in eurem Leben spielt. Wir könnten also jetzt auch über Eure Familien sprechen, über andere Freunde und Freundinnen, über Leute aus Eurer Klasse, von Eurer Schule.
Aber zum einen weiß ich über diese Menschen bei den meisten von Euch viel zu wenig, da würde ich schnell sehr allgemein und pauschal reden und zum anderen ist heute Konfirmation, da geht es nun mal um Euch sechzehn, da finde ich es nur nahe liegend, dass wir stellvertretend für uns alle zu erst mal an Euch denken, sagen wir mal plus die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, wenn wir hören, dass Jesus zu uns sagt: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.
Aber sagt ihr wahrscheinlich jetzt, das wissen Sie genauso gut wie wir, es ist völlig unklar, ob, und wann wir uns das nächste Mal in dieser Zusammensetzung wiedersehen werden. Sie haben letzten Sonntag ja selbst erzählt, dass Sie darüber traurig sind, und das geht ja nicht nur Ihnen so, traurig sind wir sind selbst zumindest teilweise auch, aber realistisch betrachtet, ist es so.
Also erstens, will ich mit einem nächsten Wiedersehen trotz allem mal nicht zu pessimistisch sein und zweitens, was viel wichtiger ist, ihr hört , selbst wenn ihr Euch nie wieder alle gemeinsam treffen solltet, deshalb nicht auf, ein Teil dieser Gruppe zu sein, die eine gemeinsame Geschichte habt. Einzelne unter Euch werden sich weiter treffen, weil sie ohnehin befreundet sind. Ihr werdet Euch einzeln zufällig oder weniger zufällig über den Weg laufen, an unterschiedlichen Orten, in der Schule, auf der Straße, in der Batze, auf einer Party, auf die verschiedene von euch eingeladen sind, wo auch immer. Und jedes Mal werdet Ihr merken, dass Ihr eine Geschichte miteinander habt.
Ihr 16, die Ihr heute konfirmiert werdet. Liebt einander, wie ich Euch geliebt habe, sagt Jesus, damit Ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, dass Ihr meine Schüler und Schülerinnen seid, dass Ihr Liebe füreinander habt. Christ, Christin bleiben, das kann niemand für sich allein. Wie gut hast Du die anderen 15 Jungen und Mädchen aus Deiner Gruppe in den letzten zwei Jahren kennen gelernt. Was hast Du Neues von Ihnen erfahren, was Du vorher so nicht schon wusstest? Wer hat Dich überrascht, wer gar nicht. Was für Veränderungen hast Du an den anderen wahrgenommen. In welche Richtung denkst Du, dass Du selbst dich verändert hast. Welche Rückmeldungen, darüber wie Du Dich möglicherweise verändert hast, hast Du von den anderen bekommen? Über welche hast Du Dich gefreut. Über welche hast Du Dich geärgert. Wie haben sich Deine Sympathien im Laufe der zwei Jahre verschoben.
Dass wäre ja glatt gelogen, wenn Du behaupten würdest, dass alle 15 dir gleich symathisch sind. Sogar von Jesus erzählt der Johannes-Evangelist, dass es da einen von den 12 gab, den Jesus liebte, und es ist sicher kein Zufall, dass uns aus dem Zwölferkreis gewöhnlich als erstes der Name Petrus einfällt.
Zu wem fühlst Du Dich stark hingezogen, mit wem hast Du auch nach zwei Jahren nur wenige Worte gewechselt, bist immer noch ein bisschen verlegen, was Du sagen sollst, wenn Du plötzlich, zufällig allein neben ihm, neben ihr stehst. Mit wem von den anderen würdest Du gerne mal länger, intensiver reden oder einfach etwas gemeinsam unternehmen, aber Du weißt nicht, wie Du Dir eine Gelegenheit dazu schaffen könntest, ob Du Dich das trauen sollst?
Liebt einander! Wenn ich versuche, Jesu Gebot auf Euch als Gesamtgruppe zu beziehen oder wenigstens auf einen guten Teil von Eurer Gruppe, dann fallen mir vor allem zwei Dinge ein. Das erste sind die Diskussionen, die verschiedenen Krisengespräche im Zug auf der Rückfahrt von der Pragfreizeit. Da war sicher manches an Hitzigkeit, an Emotionalität dem Schlafmangel aus den vorangehenden Tagen und einem zu viel an Energy-Drinks geschuldet, aber da gab es mitten in diesen schwierigen Gesprächen mehrere Sachen, über die ich mich aufrichtig gefreut habe: Allen voran, zu merken, wie wenig Ihr einander egal seid, wie Ihr an Euren Unstimmigkeiten leidet, wie Ihr gar nicht daran denkt, Euch damit abzufinden.
Dann habe ich mich über das Vertrauen gefreut, dass Ihr uns Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen entgegen bringt, dass Ihr uns Anteil nehmen lasst an dem, was Euch Kummer macht. Dann wiederum hat mich beeindruckt und gefreut, wie entschieden Ihr gesagt habt: Danke, für Euer Angebot, zu vermitteln, aber das müssen wir jetzt selbst in die Hand nehmen. Wir müssen uns zusammen setzen und reden, nicht über, sondern miteinander. Als wir mit dem Zug in Bad Oeynhausen angekommen sind, da waren wahrlich nicht alle Fragen gelöst. Wir Mitarbeiterinnen haben gedacht, na, wie wird das wohl bis zum nächsten Blockunterricht werden, aber dann habt ihr das in den nächsten Wochen alleine unter Euch, glaube ich, ganz gut hinbekommen. Dass jetzt bloß nicht alle hier im Gottesdienst denken, was haben sich da bloß für dramatische Sachen abgespielt. Nichts Dramatisches, bzw. halt eines dieser kleinen bis mittleren Alltagsdramen, wie wir Sie alle, wie ich sie selbst nur zu gut aus meinem eigenen Leben kenne.
Das andere ist unser Gespräch am letzten Samstag in der reformierten Kirche, nachdem ich Euch den Anfang meiner Predigt für den Vorstellungsgottesdienst vorgelesen und Euch um Rückmeldungen gebeten habe. Keine Angst, über den Inhalt werde ich jetzt nichts sagen. Das bleibt unter uns, das geht die anderen hier nichts an. Aber auch da habe ich mich sehr darüber gefreut, wie wichtig Euch das Thema Eurer Gemeinschaft ist, wie wenig egal Ihr einander seid, wie viel Feingefühl Ihr, wenn es drauf ankommt, an den Tag legen könnt, und mit welcher Ernsthaftigkeit Ihr in der Lage seid zu sprechen, mit euren 12, 13, 14 Jahren.
Ein neues Gebot gebe ich euch, sagt Jesus: Liebt einander, wie ich Euch geliebt habe. Vergiss nicht, sagt Jesus zu Euch allen, aber auch zu jeder einzelnen unter Euch, dass ich Dich liebe, dass Du mir kostbar bist, dass ich jeden Tag bereit bin, mich vor Dich hinzuknien und Dir Deine staubigen, vom vielen Laufen müden Füße zu waschen, vergiss nicht, dass ich Dich liebe, dass ich bereit war, für Dich ans Kreuz zu gehen, mich für dich foltern zu lassen, damit Du leben kannst.
Vergiss nicht, das ich jeden anderen, jede andere aus deiner Gruppe liebe, dass er, dass sie mir kostbar ist, dass ich jeden Tag bereit bin, mich vor ihm, vor ihr hinzuknien und ihm, ihr die staubigen, vom vielen Laufen müden Füße zu waschen. Vergiss nicht, dass ich die anderen liebe, dass ich bereit war, für sie ans Kreuz zu gehen, mich für sie foltern zu lassen, damit sie leben können.
Liebt einander, wie ich euch liebe! Haltet daran fest oder besinnt Euch von Neuem, dass Ihr nicht hinter dem Rücken der anderen, dass Ihr nicht über, sondern miteinander redet. Schmeißt dem anderen das, was Euch an Ihm befremdet, womit ihr nicht klar kommt, was Euch so schnell auf 180 bringt, nicht rücksichtslos vor die Füße. Bevor Ihr das tut, sprecht lieber mit mir darüber, erzählt mir davon. Bittet mich um die Kraft, die andere mit meinen Augen zu sehen. Macht euch die Mühe, die Arbeit, Euch darin einzuüben, ein klein wenig, so gut, so bruchstückhaft Ihr das hinbekommt, mit den Augen der anderen zu sehen, weil sich diese Mühe, diese Arbeit lohnt, weil es das ist, was jede, was jeder von Euch braucht, was Euch guttut. Liebe, das sind Worte und Taten.
Wascht einander die Füße, wie ich Euch die Füße wasche. Überlegt, was Ihr dem anderen abnehmen könnt, was Ihr eine Freude macht. Richtet nicht übereinander und lasst diesen ganzen „Ich habe aber Recht-Quatsch“. Da liegt kein Segen drauf. Verkriecht Euch nicht in Euren Mini-Klübchen. Ladet Euch ein, in Euer Leben!
Freut Euch darüber, dass die anderen da sind, freut Euch darauf, Sie besser kennen zu lernen. Kein Mensch ist niemals fertig, Du nicht, die anderen nicht. Freut Euch, dass Ihr einander braucht Freut Euch, dass Ihr nicht alleine seid, dass Ihr Geschwister an Eurer Seite habt. Gott schenke Euch Liebe füreinander, auf das alle es sehen, dass Ihr Jesu Schüler und Schülerinnen seid!
Gott segne Euch! Heute und alle Tage Eures Lebens!
Amen