2014, 04, 17, 1. Mose 1,1-2,4a Vorstellungsgottesdienst der Konfigruppe, Schöpfung und Evolution

 

Lieber Benito, lieber Jannis, lieber Jan-Philipp, liebe Lara, liebe Paulina, lieber Tim-Benedikt?

Ein großes, ein anspruchsvolles, ganz bestimmt kein leichtes Thema habt Ihr für Euch und damit auch für uns für den Vorstellungsgottesdienst ausgesucht. Das haben wir gestern bei unsrem Vorgespräch zur Predigt noch mal deutlich gemerkt. Mal sehen, wie weit wir in dieser einen Stunde Gottesdienst damit kommen, ob es mir gelingt, etwas Hilfreiches zu Euren Fragen zu sagen. In jedem Fall möchte ich mich für Eure Wahl bedanken, für allen Ernst und Hartnäckigkeit, die ihr in unseren Diskussionen an den Tag gelegt habt.

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Mit diesem inhaltsreichen Satz beginnt nicht nur unser Predigttext, damit beginnt die Bibel. „Wer weiß, dass es wirklich so war, wie es in der Bibel steht?“ hat Paulina gefragt. Die, die das aufgeschrieben haben, die waren doch bei der Erschaffung der Welt nicht dabei? Ich werde gleich versuchen, auf diese Frage einzugehen. Für einen Moment aber möchte ich die Frage noch zurückstellen.

Ich möchte, dass wir als erstes versuchen, wahrzunehmen, welche gewichtigen, folgenreichen Aussagen in unserem Text getroffen werden und erst in einem zweiten Schritt überlegen: Wie kommen Menschen dazu, solche gewichtigen Aussagen über Gott und seine Welt zu treffen?

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, d.h.: dass es nicht nichts, sondern dass es unsere Welt, unser Universum, dass es Raum und Zeit gibt, das ist nicht zufällig so, sondern das ist von Gott so gewollt, das war seine Entscheidung. Das entsprang seiner Absicht. Der Gott, an den wir glauben, der wollte nicht für sich allein Gott sein. Der hat Lust daran, der genießt es, sich eine Welt als sein Gegenüber zu schaffen. Diese Welt besteht aus Himmel und Erde, aus einem Bereich, in dem Gott schon immer heimisch war, dem Himmel und dem Bereich der Erde, die von Anfang an ihm gehört, die seine Erde, sein eigen ist, aber in der er auch heimisch werden möchte.

Durch die Beschäftigung mit Eurem Thema ist mir neu aufgefallen, wie oft im ersten Kapitel der Bibel die Formulierung steht, dass Gott jedes Lebewesen, die Pflanzen und die Tiere, nach seiner Art geschaffen hat.

Jedes Wesen, egal ob Pflanze, ob Tier oder Mensch hat in Gottes Augen seine besondere, unersetzliche Eigenheit. Mit jeder Pflanzen- und Tierart, die durch unsere Eingriffe in die Natur, durch den von uns verursachten Klimawandel stirbt, wird ein Teil des Reichtums zerstört, den Gott in seine Schöpfung hineingelegt hat.

Es gibt eine weitere durchgehende Formulierung, auf die wir mehrfach stoßen, immer am Ende eines Schöpfungstage, sie lautet: Und Gott sah, dass es gut war. Am Ende des sechsten Schöpfungstages, an dem Gott auf alle seine Werke zurückblickt, heißt es: Und Gott sah an, alles, was er gemacht hatte und siehe da: sehr gut. Es klingt so, als ob Gott selbst davon überrascht ist, wie gut ihm all das gelungen ist: Sieh da, sehr gut.

Die Bibel erzählt von vielen Krisen im Urteil Gottes über seine Schöpfung. Die mit Abstand heftigste davon ist die Geschichte von der Sintflut, in der bis auf Noahs Familie, seine Schwiegertöchter und eines Pärchens jeder Tierart, alle Lebewesen an den Folgen ihrer Bosheit, ihres Blutvergießens zugrunde gehen, aber auch diese Krise hebt Gottes ursprüngliches Urteil nicht auf. Sie endet mit dem Versprechen, dass Gott auf noch so schlimmes menschliches Zerstörungswerk nie mehr mit solcher Zerstörung reagieren wird. Gott hält an seinem „Sieh da, sehr gut!“ fest. Er starrt nicht konsterniert auf das, was wir sind. Er lässt sich leiten, von dem, wie er uns gemeint hat.

Wir tun gut daran, wenn wir es weiter wagen, mit den Worten des 139. Psalms zu beten: Ich danke Dir, Herr, dass ich wunderbar gemacht bin. Vergiss es nie, dass Du lebst war keine eigene Idee und dass Du atmest kein Entschluss von Dir. Du musst mehr als als das zufällige Zusammentreffen einer Ei- und einer Samenzelle. Du bist von Gott gewollt.

Auch in der Schöpfungserzählung, gibt es Entwicklung, eine Art Evolution, ein Gefälle, eine Zielrichtung. Das Ziel der Schöpfung Gottes ist nicht der Mensch. Wir sind nicht, wie viele noch immer glauben, die Krone der Schöpfung.

Es ist auch nicht irgend eine menschliche Höherentwicklung, eine Form von Fortschritt. Sondern die Erschaffung des Himmels und der Erde zielt auf den 7. Tag, den Schabbat. Er ist die Krone der Schöpfung. Der Tag, an dem Gott ruht von allen seinen Werken. Und so wie Gott am siebten Tag  ruht von allen seinen Werken, so so allen auch die Menschen und die Tiere es ihrem Schöpfer gleich tun und am siebten Tag ruhen von allen ihren Werken. In der Evolutionstheorie gibt es kein vergleichbares Ziel, in der Schöpfungserzählung schon. Darum wird das hier in diesem sieben Tagesrhythmus erzählt. Nicht um uns darüber zu informieren, dass die Entstehung der Welt sieben Tage gedauert hat, sondern uns zu lehren, dass wir dazu erschaffen sind, es Gott gleichzutun, dass wir nicht leben, um zu arbeiten, sonder sondern wir dürfen alle Tage der Woche auf den Tag zuleben, den er für uns geschaffen hat, von dem alle anderen Tage ihren  Glanz erhalten.

Das hat nichts mehr mit Biologie, mit Geologie, mit Kosmologie, mit Physik zu tun. Das lässt sich nicht wieder Wechsel der Jahreszeiten und der Jahre aus der Beobachtung der Gesetze der Natur ableiten. Und trotzdem orientieren sich an diesem 7 Tages-Rhythmus Menschen auf der ganzen Welt, Juden und Christen, aber auch Muslime, Buddhisten, Hindhuisten, Atheisten. Aus dem einzigen Grund, weil es auf den ersten Seiten der Bibel und dann im zweiten Buch Mose  so geschrieben steht.

So, und nun endlich zurück zu Paulinas Frage, die bei mir allerdings bei allem, was ich bisher gesagt habe, ständig im Hinterkopf war. Ich habe ja gestern im Gemeindehaus schon versucht, etwas dazu zu zeigen, allerdings mit wenig Überzeugungserfolg. Ob mir das heute besser gelingt wir  werden sehen.Wie soll ich wissen, ob wahr ist, was in der Bibel erzählt wird. Von denen, die das aufgeschrieben haben, ist  ja niemand bei der Entstehung  der Welt dabei gewesen.

Ja, natürlich stimmt das. Niemand ist bei der Entstehung der Welt dabei gewesen. Natürlich auch keine der Evolutionstheoretikerinnen. Aber das steht zugegebenermaßen auf einem anderen Blatt, denn die stellen physikalische Berechnungen an, die machen Ausgrabungen, werten Fossilienfunde aus. Das alles haben die Menschen, die die Texte der Bibel aufgeschrieben, haben nicht gemacht.

Ich gehöre nicht zu denen, die glauben, dass Gott ihnen diese Texte persönlich eingegeben oder ihnen das diktiert hat. Das wird im Blick auf  die Schöpfungserzählungen auch an keiner Stelle der Bibel behauptet.

Ich glaube, dass Menschen diese Texte  aus ihrem Glauben heraus aufgeschrieben habe, auf Grund der Erfahrungen,  die sie in ihrem Leben mit ihrem Gott gemacht haben. Sie haben diese Texte nicht als Wissenschaftlicher geschrieben, schon allein deshalb nicht, weil sie keine Wissenschaftler gewesen sind, weil es das in unserem heutigen Sinne wohl auch kaum gegeben hat. Aber ich muss zugeben, darüber weiß ich zu wenig. Die Texte spiegeln sicher  vieles von damals vorhandenem menschlichen Wissen wieder.

Sie haben nicht in dem Bewusstsein geschrieben, historische Berichte zu verfassen. Ich persönlich glaube, dass sie sich über den rein logischen Widerspruch, auf  den Benito gestern hingewiesen hat, völlig bewusst waren: Wenn Adam und Eva rein zahlenmäßig die ersten  Menschen waren, und Kain und Abel ihre bis dahin einzigen Kinder, woher kommen dann auf einmal die Schwiegertöchter für ihre Söhne? Sie haben das in Kauf genommen und das Ganze dennoch in Form dieser, nennen wir es legendenhaften Geschichte aufgeschrieben. Aber sie haben es in der vollen Überzeugung aufgeschrieben, es so und nicht anders aufschreiben zu müssen, weil sich anders nicht sagen lässt, was sie sagen wollten. Sie haben es in der vollen Überzeugung getan, auf diese Weise Gottes Wahrheit zum Ausdruck zu bringen, im Bewusstsein, dass aus ihren Worten, Gottes Wort spricht.

Wie kommen sie dazu? Was spricht dagegen, dass sie sich das einfach aus den Fingern gezogen haben?

Vieles spricht dafür, dass unser Predigttext aus der Zeit stammt, als ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung nach der Zerstörung Jerusalems und des Tempels in Babylon im Exil leben musste. Ja, Gott hatte es ihnen vorher durch seine Propheten angedroht, dass es so kommen würde, wenn sie mit der Unterdrückung der Armen und Schwachen so weiter machen.

Aber nun war es tatsächlich so gekommen. Und ich weiß nicht, ob wir uns ausmalen können, was das  für eine Krise für ihren Glauben bedeutete. Sie waren die Nachkommen von Abraham, Sara, Isaak, Rebekka; Jakob, Rachel und Lea, Nachkommen von Mose,Miriam und Aaron, Nachkommen der Sklaven und Sklavinnen, die durch Gottes Eingreifen der Macht des Pharao  entkommen waren. Sie waren die Nachkommen der Juden die durch die Wüste gezogen waren, die seine Gebote erhalten hatten, die Gott wie versprochen in das Land gebracht hatte, dass er ihren Väter und Müttern zugeschworen hatte.

Und nun war alles was sie besessen hatten verloren und dahin. Durch eigene Schuld. Und jetzt! Wo war denn nun ihr Gott! Hatte er die Nase voll von ihnen? Wollte er überhaupt noch was mit ihnen zu tun haben. Und Gott schickt ihnen von Neuem Propheten, die in seinem Namen zu ihnen reden, Jesaja sagt zu ihnen. So spricht der Gott Israels: Tröstet, tröstet mein Volk, sagt ihm, dass seine Schuld zweifach abgegolten ist.“ und „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“

Dem Propheten Ezechiel zeigt Gott im Traum ein ganzes Feld voller Totenskelette, dass für die verzweifelten jüdischen Gefangenen in Babylon steht und fragt ihn: Glaubst Du, dass diese toten Skelette wieder lebendig werden können? Und Gott lässt seinen Geist, seinen Windhauch durch diese Totengebeine fahren und ihnen wachsen von Neuem Sehnen und Muskeln.“ Die Botschaft, die in diesem Traum steckt, ist klar: Sag meinem Volk, dass sie nicht verzweifeln sollen, dass ich sie zurück in ihr Land bringen werde.

In den 70 Jahren, die ihre Gefangenschaft in Babylon gedauert hat, bekommen die jüdischen Menschen natürlich auch mit, was die Babylonier glauben. In Babylon glaubt man nicht wie in Israel an den einen lebendigen Gott. In dieser hochentwickelten Kultur hat fast jede Stadt ihren eigenen Gott. Oft sind die Götter eine Mischung aus Mensch und Gott. Sie bekämpfen sich gegenseitig. In Babylon erzählt man sich die Geschichte von einem der Götter, der eine andere weibliche Gottheit getötet hat, und aus ihrem Blut die Welt erschaffen  hat. Du sollst Dir kein Bildnis machen, hat der Gott Israels geboten. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. Und sie sehen wie die Babylonier ihren Göttern prunkvolle Statuen machen  und vor ihnen niederfallen. Sie beten den Gott des Mondes und den Sonnengott an. Und es entsteht vermutlich in dieser Zeit der Text, der erzählt, wie Gott in sieben Tagen die Welt erschaffen hat. Hier gibt es keine Vermischung von Mensch und Gott. Hier gibt es eine klare Unterscheidung zwischen dem Schöpfer und seinen Geschöpfen. Hier werden nicht die Sonne und der Mond als Götter angebetet, sondern sie sind von Gott geschaffene Lampen am Himmel.

Die jüdischen Menschen kennen schon lange Gottes Gebot, den Schabbat zu heiligen. Es ist das 4. der 10 Gebote vom Sinai. Es hat bisher aber nicht im Vordergrund gestanden. Jetzt in der Fremde, in der Gefangenschaft, da entdecken sie den Schabbat neu, da wird das Halten des Schabbat zum Bekenntnisakt vor den Babylonier. Es gibt nur einen Gott, den Gott der uns aus Ägypten befreit hat, den Gott, der uns auch jetzt nicht verlassen hat, der uns zurück in unser Land bringen wird. Ihm gehört die ganze Welt. Er hat diese Welt geschaffen. Er hat uns diesen Tag geschenkt, um ihn heilig zu halten, weil er, unser Gott heilig ist, um an ihm zu ruhen, so wie Gott an ihm geruht hat. Daran halten sie fest. Das lassen sie sich nicht nehmen und nehmen es in Kauf, als Faultiere beschimpft zu werden.

Was braucht es für Dich, um glauben zu können, dass Gott diese Welt geschaffen, dass er sie ins Leben gerufen hat, dass er sie trägt und erhält, egal was die Naturwissenschaftler noch herausfinden werden, wie lange dieser Prozeß gedauert hat? Was brauchst Du, um glauben zu können, dass Gott ein Ziel mit seiner Schöpfung hat, dass er sich unserer Zerstörungswut in den Weg stellt, dass er dazu den Messias Jesus in unsere Welt gesandt hat? Was brauchst Du, um glauben zu können, dass er Dich gewollt, dass er Dich geschaffen hat, dass Du wunderbar gemacht bist? Brauchst Du dafür einen Augenzeugen, der bei der Erschaffung der Welt mit dabei gewesen ist. Einen menschlichen Augenzeugen dafür wirst Du nicht finden. In diesem Punkt sind sich die Evolutionstheorie und die Schöpfungserzählung vollkommen einig.

Du wirst nie erfahren, ob die Worte der Bibel wahr sind, wenn Du es nicht wagst, sie beim Wort zu nehmen und auf Gottes Wort hn loszugehen, Dich in seinem Namen auf den Weg zu den Menschen zu machen. Du wirst nie erfahren, ob die Worte, die von ihm reden, die Wahrheit sagen, wenn Du ihm nicht gestattest, Dir heute, in Deinem Leben, im Hier und Jetzt von ihm helfen zu lassen.

Amen

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