Wir warten auf Weihnachten
Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt Jes 60,1
Liebe Gemeinde!
Das hat mir gut gefallen, dass ich diesen Gottesdienst nicht alleine vorbereiten musste. Eine ganze Reihe von Euch haben geholfen und das gemeinsam mit mir gemacht: Anna und Joel, Sascha, Janos und Reinhard, Nancy, Dennis, Silvia, Philip. Julian hat uns seine Gedanken aufgeschrieben. Gina, er, ja fast die ganze Familie Rolfes hat schon vorher fleißig die Lieder geübt, die wir zusammen ausgesucht haben. Wiebke hat für uns das Plakat gemacht.
Wir warten auf Weihnachten. Ja, das tun wir, keine Frage. Jeder und jede wartet auf ihre Weise: die einen leise, still, andächtig, feierlich, ernst, die anderen laut, ausgelassen fröhlich. Jede, jeder wartet auf seine, ihre Weise, aber wir warten alle auf das gleiche Fest. Wir warten auf Gottes Licht. Wir warten, dass Gottes Licht in unsre Welt kommt, zu Dir und zu mir. Wir warten auf Gottes Sohn, auf den Heiland, Wir warten auf den, der rettet. Wir warten auf den, der hilft. Wir warten auf das Kind, das geboren wird.
Ich behaupte das jetzt einfach mal. Man spürt, dass Weihnachten etwas Besonderes ist, dass es uns anrührt. Man hat das auch bei unseren Vorbereitungstreffen gespürt.Man spürt es an den vielen leuchtenden Augen; an der Freude von Joel, dass es wieder eine Packung Stapelchips gibt: an der Art und Weise, wie Sascha und Janos von den Weihnachtsvorbereitungen in ihren Familien erzählen, an ihrer Vorfreude darauf, gemeinsam mit den Eltern und den Geschwistern feiern zu dürfen. Man spürt es an dem feierlichen Ernst, mit dem Reinhard von den vielen Briefen erzählt, die er jetzt verschickt, mit den Wochensprüchen der Adventszeit: Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
Man spürt es an der Bereitschaft, so lange zu schnippeln und zu kleben, bis alles fertig ist, was wir uns für diesen Gottesdienst vorgenommen haben: Weihnachten ist für uns alle etwas Besonderes.
Kein Mensch weiß tatsächlich den genauen Geburtstag von Jesus. Aber wie gut, dass wir dieses gemeinsame Datum haben: 24. Dezember. Stellt Euch vor, wie traurig das wäre, wenn jeder allein, für sich, an irgendeinem Tag im Jahr, versuchen würde, Weihnachten zu feiern.
Gottes Licht kommt in unsere Welt. Wir müssen Gott nicht irgendwo in weiter Ferne hinter den Sternen suchen. Gottes Licht scheint in Dein und in mein Leben. Gottes Licht sucht uns und es findet uns. Es zieht uns an. Es lockt uns aus unseren Zimmern heraus. Es bringt uns zusammen: Alte und Junge, Große und Kleine, Dicke und Dünne, Mädchen und Jungen, die Schweigsamen und die Quasselstrippen. Weil Gottes Licht auf uns fällt, spüren wir, dass wir gewollt sind. Egal wie wie wir selbst das sehen. Egal wie andere das sehen. Gott hat sich etwas bei dem gedacht, wie er uns geschaffen hat. Das ist das Entscheidende, darauf kommt es an. Gott hat sich etwas dabei gedacht, dass es Dich gibt.
Julian hat das in einer E-Mail an mich so formuliert: Ich bin mir sicher, dass Gott dich absichtlich so geschaffen hat, dass du unaustauschbar bist. Gott hat dich genau so gemacht, wie du bist – und das hat einen Grund. Wenn dein linkes Bein ein bisschen länger ist als dein rechtes, dann hat das einen Grund. Wenn deine Finger alle etwas kurz und dick geraten sind, dann hat das einen Grund. Wenn deine Nase etwas größer ist oder du Schwierigkeiten hast, dich auf eine Sache zu konzentrieren und zu fokussieren, wenn du mir schwierig zuhören kannst, dann hat das einen Grund. Wenn du lieber Grün magst, obwohl alle deine Freunde Rot schöner finden, dann hat das einen Grund. Gott macht keine Fehler. Gott hat dich geschaffen, wie du bist und wie du bist, bist du perfekt.
Gottes Licht findet seinen Weg zu uns, egal, wo wir sind, egal, in welcher Verfassung wir sind. In Bethlehems überfüllten Herbergen war kein Platz für Jesus und seine Eltern. Das ist für Gott kein Problem. Dann wird sein Kind halt in einem Stall geboren. Umso besser, denn dann werde die Hirten von Bethlehem das Kind als erstes finden.
Gottes Licht kommt. Es findet Dich, wenn Du fröhlich und ausgelassen bist. es findet Dich, wenn Du tieftraurig bist.
Gottes Licht kommt. Es findet Dich, wenn Du nur noch genervt bist, wenn Du vor Wut platzest, wenn Du am liebsten alles kurz und klein schlagen würdest. Gottes Licht findet Dich, wenn Du das Gefühl hast, ganz allein und verlassen auf der Welt zu sein. Gottes Licht findet Dich, wenn Du vor Angst schreist. Gottes Licht findet Dich, wenn Du sagst: Mir wird das zu viel, ich kann einfach nicht mehr.
Glaubst Du wirklich, dass Gott das kalt lässt, Dich glücklich und ausgelassen zu sehen, dass ihn das nicht berührt? Glaubst Du wirklich, dass Gott das kalt lässt, wenn Du am Verzweifeln bist, wenn Du vor Angst schreist, wenn Du vor Wut platzest, wenn Du das Gefühl hast, dass Du einfach nicht mehr kannst.
Gott wohnt nicht irgendwo in der Ferne hinter den Sternen. Er ist Dein Licht. Er leuchtet Dir entgegen aus dem Stall des neugeborenen Kindes. Er weicht nicht von Deiner Seite, er nimmt nicht Reißaus. Er hält sich nicht die Ohren zu, er ist ganz Ohr. Er rät Dir, wenn Du ihn darum bittest. Er gibt Dir die Kraft, seinem Rat zu folgen. Er schickt Dir Menschen, die Dich in den Arm nehmen, die mit Dir weinen, die Dir ein Stück Deiner Last abnehmen.
Mache Dich auf! Werde Licht! Dein Licht kommt. Gott hat sich etwas vorgenommen. Er traut sich das zu. Er ist sich sicher, dass er das hinbekommt:, Wenn Du merkst, dass er da ist, wenn Du feststellst, dass Gott Dir viel näher ist, als Du zu hoffen gewagt hast, das wird Dich berühren, das wird Dich nicht unverändert lassen. Gott traut sich zu, dass er das hinbekommt: dass Deine Angst weniger wird, dass Du nicht an den anderen und an Dir selbst verzweifelst. Gott traut sich zu, dass er es hinbekommt, dass Deine Wut Dich nicht auffrisst. Er wird auch hinbekommen, dass Deine Wut nicht wirkungslos verpufft, so dass Dir am Ende alles nur noch egal ist. Gott traut sich zu, dass er Dir so viel Kraft geben kann, wie Du heute nötig hast. Und morgen genauso. Und übermorgen auch.
Gott traut sich zu, dass er zum Leuchten bringt, was er in Dich hinein gelegt hat. Er traut sich zu, Dich dazu zu bringen, dass Du Dich nicht verkriechst und versteckst, sondern das Licht, dass Gott in dich hinein gelegt hat, für die anderen leuchten zu lassen.
Gott traut sich zu, die anderen spüren zu lassen, was Ihnen ohne Dich fehlt: Ohne Dich fehlen den anderen Deine strahlenden Augen. Ohne Deinen Mut, Deine Unsicherheit zu zeigen, werden die Anderen sich nie in Ihrer Unsicherheit erschüttern lassen. Ohne Deine Hartnäckigkeit, ohne dass Du dich traust, immer wieder nachzufragen, würden die anderen gar nicht merken, dass sie an Dir vorbeireden. Ohne Deinen Eigensinn, ohne Deine Sturheit werden die anderen sich nie trauen, aus der Reihe zu tanzen. Ohne Deine Unbekümmertheit, ohne die Fehler, die Du machst, werden die anderen sich nie trauen, Fehler zu machen. Ohne Dich fehlt den anderen jemand, der sie zum Lachen bringt.
Das traut Gott sich zu, die anderen entdecken zu lassen, was für ein Reichtum es für sie bedeutet, dass Du Da bist.
Amen