Singegottesdienst am 4. Advent, Predigt

 

 

Liebe Gemeinde!

Post aus dem Gefängnis: Freut Euch in dem Herrn alle Wege! Sorgt Euch um 2014, 12, 21, 12.07.24nichts! Gottes Friede wird Eure Herzen und Eure Sinne bewahren! Große Worte, waghalsige Aufforderungen – und ein Riesenversprechen.

Wie ist das möglich, dass jemand, der im Gefängnis sitzt, das Wesentliche so klar sieht? Wie ist es möglich, dass der Apostel Paulus im Gefängnis die Kraft findet, sich um uns zu sorgen, uns zu trösten, uns zu stärken, die wir frei herum laufen können, vorausgesetzt, unsere Füße tragen uns?

Es ist nicht so leicht, ungläubig ab zu winken, wenn Du weißt: diese waghalsigen Aufforderungen hat jemand für Dich aufgeschrieben, der den größten Teil des Tages in einer Gefängniszelle eingesperrt ist, oder?

Freut Euch in dem Herrn alle Wege! Freu Dich in dem Herrn, wenn Deine ständigen Schmerzen Dich kirre machen! Freu Dich in dem Herrn, während Du auf das ärztliche Untersuchungsergebnis wartest und bangst, es könnte positiv sein! Freu Dich in dem Herrn, wenn Du attackiert und angegriffen wirst und das einfach nur ungerecht findest. Freu Dich in dem Herrn, wenn Du geschockt bist, dass auch die dritte Englischarbeit hintereinander eine fünf minus war, obwohl Du dieses Mal so viel gelernt hast wie noch nie!

Freu Dich gerade jetzt, dass Du mit diesen Dingen nicht allein dastehst, dass Du einen Gott hast, der darum weiß, der versteht, wie Dir zumute ist, der Dir zuhört, der Dir nicht den Mund verbietet, wenn Du sagst, dass Du diese Art von Leben satt hasst, der Dir nicht mit blöden Sprüchen und gutgemeinten Ratschlägen kommt, der bei Dir ausharrt und sich nicht aus dem Staub macht, der es erträgt, wenn Du wimmerst, wenn Du nur noch rumjammerst, wenn Dir der Kragen platzt, wenn Du schreist, wenn Du ihn anschreist! Freut Euch in dem Herrn alle Wege. Er wohnt nicht in unendlicher Ferne. Er ist Dir nah wie das Kind in der Krippe den Hirten auf den Feldern von Bethlehem. Er kommt. Er ist längst unterwegs zu Dir.

Freu Dich in dem Herrn, wenn Dein Herz vor Glück rast, wenn Du gar nicht glauben kannst, dass Sie gerade Dich für die Stelle haben wollen. Freu Dich in dem Herrn, wenn Du glücklich verliebt bist und jedes Lied im Radio lauthals mitsingst! Freu Dich in dem Herrn, wenn du entdeckst, dass der andere Dir schon längst vergeben hat, was du selbst Dir nicht vergeben willst. Freu Dich in dem Herrn, wenn er Dir unverhofft einen seiner Engel vorbeischickt, die nicht selten einem Menschen vom Paterberg zum Verwechseln ähnlich sehen, und der Dir seine Zeit und sein handwerkliches Geschick genau in dem Moment zur Verfügung stellt, in dem Du es am dringendsten nötig hast.

Vergiss nicht, Dich von Herzen bei all diesen Menschen zu bedanken. Vergiss darüber auf keinen Fall, Dich bei Gott dafür zu bedanken, dass er Dir diesen Menschen geschickt hat, dass Du ihn getroffen hast, dass ihre Wahl auf Dich gefallen ist. Freu Dich darüber, dass Du einen reichen Gott hast, der seinen Reichtum nicht für sich will, der Lust daran hat, ihn mit Dir zu teilen, dessen Herz Dir weit offen steht, dessen Herz sich verkrampft, wenn Du so mürrisch und genervt durch die Welt rennst, dem es so gut tut, wenn Du über beide Backen strahlst und andere damit ansteckst.

Sorgt Euch um nichts! Hört auf mit den Wahnsinnsanstrengungen, die Helden und Heldinnen zu spielen, um einsam und allein mit Euren Sorgen fertig zu werden. Hört auf damit! Alles, was Euch bedrückt, was Euch runterzieht, was Ihr an einer Kette hinter Euch her zerrt, alles, was Euch schon so lange die Seele kaputt frisst, das bringt unter Flehen und Schreien und wenn’s sein muss getrost auch unter Fluchen, vor Euren Gott. Schmeißt es ihm vor die Füße, halst es ihm auf und sagt Ihm Danke dafür. Sagt ihm „Danke“, dass Du uns das erlaubst. Danke, dass Du nur darauf wartest, dass wir das endlich tun. Danke, dass Du nur darauf wartest, dass wir Dir vertrauen, dass Du Wort hältst.

Muss ich für irgend jemand unter uns einzeln aufzählen, um was wir uns alles Sorgen: die persönlichen Sorgen, die Sorgen um unsere Gemeinde, die Sorgen um das Land und die Welt, in der wir leben? Ich denke, das ist überflüssig. Vieles ist unsere gemeinsame Sorge und alles andere, dass ist Ihnen, dass ist Euch viel besser und genauer bekannt als mir und unserem Gott sowieso.

Gibt es etwas, was Dich davon abhält, Gott Deine Sorgen aufzubürden, ihn mittragen zu lassen? Bist Du zu stolz dafür? Zweifelst Du, ob Gott Deinen Sorgen wirklich gewachsen ist? Hast Du schlechte Erfahrungen gemacht, die Male, als Du es schon mal versucht hast, Deine Sorgen Gott vor die Füße zu werfen? Lass Dich nicht entmutigen. Gott hält Wort. Er sorgt für Dich.

Und jetzt das Wichtigste, das Zentrum von Weihnachten, die Glücksbotschaft, die uns die Engel verkünden. Wir sehnen uns so danach, dass sie wahr wird und tun uns so schwer damit, es zu glauben: Frieden auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens. Gottes Friede, der höher ist als alle Vernunft, wird unsere Herzen und unsere Sinne bewahren in Christus Jesus, unserm Herrn.

Gottes Friede und unsere Vernunft sind keine Feinde. Wie könnten sie auch? Gott hat uns als denkende Wesen erschaffen. Er erwartet, dass wir unseren Verstand gebrauchen.

Aber Vernunft ist nicht das Höchste. Vernunft hat ihre Grenze. Wichtiger als das, was Du, was ich für vernünftig halten, ist Gottes Frieden. Es gibt Wichtigeres als die Frage, ob Du Recht hast oder ob ich Recht habe. Höher als das, was wir für vernünftig halten, ist der Friede, den Gott zwischen uns bewirkt. Wichtiger ist der Friede, den Gott zwischen uns zustande bringt, obwohl wir ihn für unmöglich halten. Wichtiger ist der Friede, den Gott schafft, während wir den Krieg für unvermeidlich halten.

Was hat Gott dazu getrieben, sein Wort in Jesus Fleisch werden zu lassen? Wir sind Gott gegenüber 1000mal im Unrecht. Wir missachten, was er wunderbar geschaffen hat. Wir missachten das Einmalige, das Besondere, was er in jede von uns hinein gelegt hat. Aber für Gott gibt es Höheres, als uns gegenüber Recht zu behalten. Wichtiger als uns gegenüber Recht zu behalten, ist unserem Gott Frieden mit uns zu schließen. Wichtiger ist ihm, unsere Rebellion gegen ihn zu beenden. Wichtiger ist ihm, meinen Schaden an der Wurzel zu heilen. Wichtiger und höher ist ihm, mein Herz vor der Mördergrube zu retten, die in ihm brodelt. Wichtiger ist ihm, mich aus den Klauen der Sünde zu retten, mich zu retten aus der unseligen, lähmenden Angst, die mein Leben und das meiner Nächsten zerstört: mich zu retten aus der Angst, dass nicht genug alleine für mich da ist: nicht genug an Liebe, nicht genug an Aufmerksamkeit, nicht genug an Achtung. Wichtiger als mir gegenüber Recht zu behalten, ist meinem Gott, mir zu zeigen, dass er mich liebt, dass er mich achtet, dass er mir seine Aufmerksamkeit schenkt. Dazu ist Jesus geboren, dazu ist Jesus gestorben, dazu ist er auferstanden.

Gottes Friede ist kein frommer Wunschtraum. Er ist die Realität, die er Tag für Tag neu schafft und unserer friedlosen Realität, unserem täglichen Kleinkrieg entgegenstellt.

Ich nehme mir so oft vor, mich diesem Frieden, mich dieser unbe-greiflichen Liebe mehr zu öffnen, Jesus entschiedener nachzufolgen, mehr mit seinen Augen zu sehen, mit seinen Ohren zu hören, mehr mit seinem Herzen zu empfinden. Es vergeht kein Tag, an dem ich damit nicht viele Mal Schiffbruch erleide. Ich bin nicht in der Lage, mein Herz und meine Sinne zu bewahren. Ich werde es nie sein. Aber Gottes Friede, der hat die Macht dazu. So ist Gottes Friede in meinem Leben mächtig: Jedes Mal, wenn ich auf die Schnauze falle, jedes Mal, wenn ich daran scheitere, ihm entschieden nachzufolgen, jedes Mal, wenn ich mich wieder von der alten Angst gefangen nehmen lasse: er lässt mich nicht am Boden liegen. Er reicht mir seine Hand, er richtet mich auf, er zieht mich hoch. Und das rettet und das heilt. Ihm, der sich uns in Jesus Christus zum Geschenk macht, ihm sei Lob und Ehre in Ewigkeit. Amen

 

 

 

 

 

 

 

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