2015, 11, 22, Mt 25,1-13, Ewigkeitssonntag

Liebe Angehörige der Menschen, die in diesem Jahr aus unserer Gemeinde verstorben sind, liebe Gemeinde!

Wacht!“ sagt Jesus. „Haltet Euch bereitet, dass Ihr bloß nicht den Moment verpasst, wenn der Bräutigam endlich kommt!“ Das muss man den Gästen einer Hochzeitsgesellschaft nicht zwei Mal sagen. Und den Brautführern und Brautführerinnen erst recht nicht. Die waren ja in den letzten Monaten während ihrer freien Zeit mit fast nichts anderem beschäftigt, als alles für diesen Moment und für alles was danach kommen soll vorzubereiten, wenn dann die Feier so richtig losgeht.

Jesus sagt es aber heute nicht zu den Gästen einer Hochzeitsgesellschaft. Er sagt es zu uns allen, die heute hier im Gottesdienst sind. Er sagt es zu denen von Ihnen, von Euch, die heute heute gekommen sind, weil sie im zurückliegenden Kirchenjahr einen der, oder überhaupt den liebsten Menschen verloren haben, den es in ihrem Leben gibt. Er sagt es zu Menschen, die mit einer Narbe in der Seele oder mit einer gerade mal notdürftig vernarbten Wunde gekommen sind. Er sagt es zu Menschen, deren Wunde noch sehr frisch ist oder sogar noch weit offen steht und sich nur schwer schließen will.

Wacht sagt Jesus! Reibt euch den Schlaf aus den Augen. Schlaft bitte nicht wieder ein. Ich möchte das nicht, das täte mir in der Seele weh, wenn auch nur einer, wenn auch nur ein von Euch Gottes großes Hochzeitsfest verpasst.

Ein Glück, dass Jesus es tut, dass er dazu auffordert, dass er diese Einladung ausspricht. Wer von uns sollte den Mut dazu aufbringen, heute am Ewigkeitssonntag Ihnen allen gegen Ihren Schmerz die unbändige Vorfreude auf Gottes Hochzeitsfest vor Augen zu malen? Ich würde mir das sehr wünschen, dazu in der Lage zu sein, mir das zuzutrauen, aber wie könnte ich das, ohne mich maßlos damit zu überheben.

Wacht! Reibt Euch den Schlaf aus den Augen! Schlaft bitte nicht wieder ein“ sagt Jesus zu uns allen. Wie viele Stunden haben Sie bei dem Menschen gewacht, den Sie geliebt haben und den Sie weiter lieben und haben sich darüber gefreut, zu merken, wie gut es dem anderen, der anderen tut, dass Sie bei ihm, dass Sie bei Ihr ausharren?

Wie oft ist es Ihnen so gegangen, dass Sie gerne die ganze Zeit wach geblieben wären, aber Sie gemerkt haben, dass Sie irgendwann nicht mehr dagegen ankämpfen konnten, dass Ihnen die Augen zugefallen sind, manchmal nur für einige Sekunden, manchmal eine ganze Weile, bis sie ruckartig wieder aufgeschreckt sind?

Ist es nicht Petrus und Jakobus und Johannes im Garten Gethsemane ganz ähnlich ergangen, als Jesus in seiner Todesangst sie darum gebeten hat, wenigstens eine Stunde mit ihm zu wachen.

Wie oft ist es Ihnen so gegangen, wie oft geht es Ihnen so, dass Sie nachts wach liegen, und Sie wünschen sich von Herzen, dass Sie endlich, wenigstens für ein zwei Stunden Schlaf finden könnten, aber er will sich einfach nicht einstellen, weil sich in Ihrem Kopf so Vieles im Kreise dreht?

Jesus spricht von einem anderen Wachsein, das ist klar. Bruchlos wird es nicht gehen. Versuchen wir es, in die Hochzeitsgeschichte hineinzuspringen, die Jesus uns vor Augen malt.

Dann wird das Reich der Himmel 10 Jungfrauen verglichen werden die ihre Lampen nehmen und der Ankunft des Bräutigams entgegen gehen. Wir warten dein, o Gottes Sohn und lieben dein Erscheinen, haben wir eben gesungen. Haben Sie das bewusst und gerne mitgesungen? Eher zögerlich, zweifelnd? Wie kann das sein, dass Jesus wiederkommen sollte, nach so vielen Jahren? Singen ist eine gute Möglichkeit, sich an solch bedeutungsschwere Sätze heranzutasten. Komm wieder, Herr Jesus, schaffe Du Recht in unseren verworrenen Verhältnisse. Richte Du zwischen denen, die leben und denen, die schon gestorben sind. Richte Du auf Deine Art, so wie nur Du das kannst, so wie das nur einer kann, der für seine Feinde gestorben ist. Bring du in Ordnung, was wir überhaupt nicht schaffen, in Ordnung zu bringen.

Komm wieder, Jesus, Sohn Gottes, wir warten auf Dich, Wir warten auf Dich wie die Brautführerinnen voller Aufregung und Anspannung darauf warten, dass endlich der Bräutigam kommt.

Sie sind zu zehnt. Sie haben alle Lampen dabei. Wenn es dunkel wird, dann werden sie dem Bräutigam den Weg leuchten. Nicht auszudenken, wenn er sich im Dunkeln verläuft und den Weg zu seiner Braut nicht findet. Er soll, er darf seine Braut auf keinen Fall verpassen.

Es wird dunkel und sie zünden ihre Lampen an. Aber der Bräutigam kommt nicht, Was sollen sie machen, warten, was sonst. Es wird sieben, es wird acht, es wird neun Uhr, noch immer kein Bräutigam in Sicht. Was ist das bloß? Er müsste doch schon längst da sein. Aber er wird kommen. Er muss kommen. Das wäre ja noch schöner, wenn der Bräutigam seine eigene Hochzeit verpassen würde.

Irgendwann packt die 10 die Müdigkeit. Ihre Augen werden schwerer und schwerer. Es kommt der Punkt, da fallen ihnen die Augen zu, einer nach der andren, ohne Ausnahme. Nach einer Weile sind alle 10 am schlafen. Sie wissen gar nicht, wie lange sie schon geschlafen haben, als sie vom Geschrei der Leute um sich herum geweckt werden. Sie hören die anderen rufen. „Der Bräutigam, der Bräutigam kommt. Los, geht ihm entgegen Sie springen auf ihre Beine.

Aber o weh, weil sie so lange warten mussten, ist das Öl in ihren Lampen runtergebrannt. Sie brauchen unbedingt zusätzliches Öl. Ein Glück, dass sie vorgesorgt und zusätzliches Öl mitgenommen haben. Schnell füllen sie das Öl nach und ihre Lampen brennen weiter. Aber jetzt brennen nicht mehr alle 10 Lampen, sondern nur noch fünf. Die anderen fünf Brautführerinnen haben kein zusätzliches Öl mitgenommen. Warum nicht? Vergessen? Kann ja mal vorkommen, Nicht nur dem Pastor passiert so was. Aber nein, sie haben das Öl nicht vergessen. Sie haben einfach kein zusätzliches Öl mitgenommen, obwohl sie damit rechnen mussten, dass sie welches brauchen. Warum bloß? Schwer zu sagen. Aus Gedankenlosigkeit, körperlich anwesend, aber in Gedanken, im Herzen ganz woanders? Aus Überheblichkeit, Selbstüberschätzung, kann mir doch nicht passieren. „Dumm“ nennt Jesus sie, „töricht“.

Sie bitten die fünf anderen Frauen darum, ihnen etwas von ihrem Öl abzugeben. Aber die haben Bedenken, dass es dann für überhaupt niemanden mehr reicht. Und wer soll dann dem Bräutigam in der Dunkelheit leuchten?

Geht lieber zum Kaufmann und kauft neues Öl!“ Das tun die fünf auch. Nur, als sie wieder zurückkommen, da ist der Bräutigam schon eingetroffen. Er und die anderen Frauen sind schon drin im Hochzeitssaal.

Da klopfen die fünf, die nicht genug Öl dabei hatten an die Tür. Sie möchten auch rein. Aber die Tür ist verschlossen. Sie rufen lautet; Herr, lass uns rein! Aber der Bräutigam antwortet ihnen: Amen, ich sage euch, ich kenne euch nicht.

Was für ein Albtraum. Schrecklich ist das. Ein bisschen so hab ich mich letztes Jahr gefühlt, als ich zu einem Konzert nach Hamburg gefahren bin, zu einer noch nicht so bekannten Hiphopperin aus England. Ich dachte, es ist kein Problem eine Karte an der Abendkasse zu bekommen und dann kam ich an und es war ausverkauft. Ich war geschockt, Wenn da nicht noch jemand eine seiner Karten zurückgegeben hätte, ich wäre völlig umsonst den weiten Weg nach Hamburg gefahren.

Wie geht Ihnen, wie geht Euch das, wenn Sie, wenn Ihr Jesu Geschichte hört? Geht es Euch ähnlich wie mir, dass Ihr denkt: Warum ist der Bräutigam so hart? Warum lässt er sie nicht noch rein?Warum verleugnet er sie? Warum behauptet er, sie nicht zu kennen? Jesus sagt doch sonst immer: Klopft an, so wird Euch aufgetan. Gilt das nicht mehr?

Ist das Reich der Himmel am Ende doch eine geschlossene Gesellschaft, Geht’s da am Ende ähnlich zu wie wenn bei uns die hohen Damen und Herren zusammen kommen. Müssen wir uns Sorgen machen, ob im Himmelreich Platz für uns sein wird, Sorgen, ob da Platz ist für die geliebten Menschen, die wir in diesem Jahr verloren haben.

Aber wie kann das sein, Jesus, der Himmel eine geschlossene Gesellschaft? Du bist doch der, der die Sünder liebt, der das Verlorene sucht, der das geknickte Rohr aufrichtet, Und wenn ich mich fühle wie ein verglimmender Docht, Du bist der, der mich nichtt aufgibt, der darum kämpft, dass ich nicht verlösche, Du hauchst neuen Lebensatem in mich hinein. Du bist der, der sich mit den Sündern an einen Tisch setzt, mit den Zöllnern, die die anderen übers Ohr gehauen haben, mit den Huren, die von den Männern für Geld benutzt werden, und deren Seele sich nach Ganzheit sehnt.

Was antwortest Du, Herr, wenn wir Dich so fragen? Missverstehen wir Dich? Warum erzählst Du uns heute morgen die Geschichte von den 10 Frauen. Vielleicht, dass Jesus uns so antwortet:

Ich sehe, wie oft Ihr Euch mit der Frage herumschlagt: Wo ist nun Euer Gott? Ihr hört sie von anderen und sie dringt an Euer Ohr aus Eurem eigenen Herzen. Ich möchte. dass ihr versteht, dass ihr mir glaubt, wie nahe ich Euch bin, Ich bin nicht weiter von Euch entfernt, als ein Bräutigam von den Hochzeitsgästen, die auf seine Ankunft warten. Ich bin schon auf dem Sprung. Ich bin schon unterwegs zu Euch! Habt keine Angst, ihr könntet vergeblich auf mich warten.

Ich sehe Euch zu bei Euren Hochzeitsvorbereitungen, wenn ein Mann und eine Frau heiraten. Ich höre manche, die sagen, o, was wird da heute von den Hochzeitsleuten für ein Aufwand betrieben, das hat’s bei uns früher nicht gegeben, aber dafür haben viel mehr Ehen bei uns gehalten. Mir zerreißt es das Herz über jedes Ehepaar, deren Liebe scheitert, ich trauere mit ihnen. Aber das steht auf einem anderen Papier. Aber ich freue mich zu sehen, wie Menschen alles daran setzten, um den Tag der Hochzeit kostbar und wunderschön zu machen und wie sie’s nicht erwarten können, bis er endlich da.

Ich habe noch gut die Menschen von der Hochzeitsgesellschaft vor Augen, bei der der Bräutigam und die Braut im Oktober hier in der kleinen Kirche geheiratet haben. Ich sehe noch die Brautführerinnen, die Eltern des Bräutigams, und mehrere der Freunde vor mir, wie sie zwei Wochen vor der Hochzeit hier in der Kirche gestanden und sich über jedes Detail der Feier Gedanken gemacht haben, wie sie überlegt haben, wie sie das mit der Überraschung, die sie sich für den Bräutigam ausgedacht hatten, am besten hinbekommen und wie gut Ihnen das gelungen ist, wie sprachlos der Bräutiga bei seiner Hochzeitsfeier gewesen ist. Es gab kein Detail, dass sie nicht bedacht hätten. Unvorstellbar, dass Ihnen so etwas passiert wäre, wie den Jungfrauen, den Brautführerinnen in meiner Geschichte, die einfach nicht daran denken, die es einfach nicht für nötig halten, ausreichend Öl für ihre Lampen mitzunehmen.

Das sollt ihr wissen, dass ich mir das wünsche, dass ich Verlangen danach habe, dass ihr auf mich wartet,dass ihr Euch auf mich freut, dass ihr meinen Tag nicht erwarten könnt, wie Menschen den Tag der Hochzeit nicht erwarten können und alles dafür tun, das dieser Tag ihnen ein Leben lang unvergesslich bleibt. Was soll Gott mit Menschen anfangen, denen der Himmel gleichgültig ist, die nicht darauf brennen, hineinzukommen.

Und schließlich, sagt Jesus, ich erzähle Euch diese Geschichte, damit Ihr versteht, dass ich auf niemanden von Euch verzichten mag. Ich erzähle Sie Euch genau so, weil ich eben das nicht will, dass es Euch so geht wie den fünf Frauen, die am Ende vor einer verschlossenen Tür stehn.

Nein, es gibt nichts, was ihr vorweisen müsst, es gibt nicht’s was ihr zu leisten hättet, um in den Himmel zu kommen. Es gibt auch die Spur eines unerbittlichen Konkurrenzkampfes. Es gibt nur das eine: das ich darauf hoffe, dass Ihr auf mich wartet, dass ihr mich nicht abschreibt, dass Ihr Euch von Herzen freut, auf den Tag, dessen Zeit und Stunde ihr nicht kennt, auf den Tag, an dem ich kommen werde.

Amen

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