Liebe Eltern und Paten von Svenja Wehmeier, liebe Gemeinde!
Der Taufspruch, den Sie für Ihre Svenja ausgesucht haben, steht im 31. Psalm. Er lautet: Meine Zeit steht in deinen Händen. Es sind Gebetsworte, die Sie Svenja mit auf ihren Lebensweg geben, in der Hoffnung, dass Svenja sie sich zu eigen macht, dass sie Vertrauen zu Gott fasst, selber mit diesen Worten zu beten: Meine Lebenszeit in Deinen, von meinem ersten Atemzug an, ja schon von dem Moment an, in dem die Ei- und die Samenzelle aus der ich entstanden bin, sich im Bauch meiner Mutter getroffen haben.
Sie haben in unsrem Taufgespräch andeutungsweise erzählt, dass Sie sich lange nach diesem Kind gesehnt und darum gekämpft haben, manchmal auch unter Tränen. Es braucht mehr als unser Wissen und Wollen und Wünschen als Eltern, damit ein neues Menschenleben entsteht. Auch unser Wünschen und Wollen als Eltern steht in Gottes Hand. Das soll unsere Svenja wissen, von Anfang an:
Meine Zeit in Gottes Händen. Und so wie der Anfang alle meine Lebenszeit, jeder einzelne, neue Tag, alle die verschiedenen Zeiten in meinem Leben, die Zeiten, in denen ich lache und in die Luft springen mag vor Glück, die Zeiten, in denen ich nur so sprühe vor Ideen und Energie und Tatendrang, sie umzusetzen; die Zeiten, in denen es mir leicht fällt, mich begeistern zu lassen und in denen ich es mühelos schaffe, die anderen mit meiner Begeisterung mitzureißen, wenn die anderen mutig werden, weil sie merken, dass ich mutig bin, alle diese Zeiten in Gottes Händen.
Da ist er da, da freut er sich für sein Kind, da bringe ich, Svenja, die Augen meines Gottes zum Leuchten, da fühlt er sich seinem Ziel einen kleinen Schritt näher. Weil er mich sehr liebt, hat er alles getan, dass ich so sein kann.Weil er mir das immer gewünscht hat, das ich so sein kann, freut er sich mit mir, wann immer es tatsächlich so ist: Mein Lachen und mein Überschwang, mein Bäume-ausreißen, in seinen Händen, sie gefallen ihm wohl. Sie tun meinem Gott in der Seele gut.
Die Zeiten, in denen ich vor wichtigen Entscheidungen stehe, wenn Weichen gestellt werden, wenn ich nur zu deutlich den Druck der Verantwortung spüre, die auf mir lastet, in seinen Händen. Ja, es stimmt, was ich, Svenja, jetzt tun werde oder nicht, dass wird Folgen haben, für viele andere Menschen und für mich selbst auch. Aber ich stehe in den Zeiten, in denen ich wichtige Dinge zu entscheiden habe, nicht allein und verlassen auf weiter Flur,
sondern da ist mein Gott da. Da kann ich mich auf ihn verlassen. Er wartet schon darauf. Er hofft inständig, dass ich mir jetzt bloß nicht den Kopf zergrüble. Er hält die Luft an, dass ich jetzt bloß nicht einen auf starke Frau mache, dass ich meinen Stolz fahren lasse, dass ich mich an ihn wende, ihn um Rat frage, dass ich mir seinen Rat nicht bloß anhöre, dass ich seinen Rat ernstlich bedenke. Mein Gott hält die Luft an, dass ich mir zu Herzen gehen lasse, was er mir sagt, dass ich ihm vertraue, dass er die Wahrheit sagt, weil er mich liebt, weil er die Menschen liebt, für die er mir Verantwortung gegeben hat.
In Gottes Händen die Zeiten, in denen die Angst versucht, mich, Svenja, in den Griff zu bekommen, die Zeiten, in denen ich mürbe werde, in denen ich die Geduld verliere, in denen ich drauf und dran bin, mich weich kochen zu lassen, die Zeiten, in denen mir jeder Antrieb fehlt, in denen mir schon kleine Widrigkeiten wie mittelgroße Berge vorkommen, die Zeiten, in denen mir der Wind ins Gesicht bläst, in denen mir Knüppel zwischen die Beine fliegen, in denen ich das Gefühl habe, verdammt alleine da zu stehen.
In all diesen Zeiten ist mein Gott da, jetzt erst recht spielt sich mein Leben in seinen Händen ab, höre ich seine Stimme, die zu mir sagt: Es ist anders, als Du es empfindest, Svenja, Du versinkst nicht im Bodenlosen, sondern meine Hände tragen Dich. Sie bilden um Dich herum eine feste Mauer. Sie schützt Dich wie die Mauer einer starken Burg, den Feinden gelingt es nicht, sie einzunehmen.
Ich bin Dein Fels, Svenja, ich gebe Deinen Füßen sicheren Halt, wenn Du abgleitest, jedes Mal aufs Neue, Du kannst Dich auf mich verlassen.
Meine Zeit steht in Deinen Händen, mein Gott, alle Zeiten meines Lebens, bis zu meinem letzten Atemzug. Dass Wünschen Dir Deine Eltern und Paten, dass wünscht Dir Deine Gemeinde, dass wünscht Dir Dein Gott, dass Dich Dein Taufspruch so beten lehrt, dass er Dich anleitet zu dem Gott Vertrauen zu fassen, auf dessen Namen Du heute getauft wirst, auf den Namen dessen, der versprochen hat bei uns zu sein, alle Tage unseres Lebens, bis ans Ende dieser Welt.
Amen
Lieber Sebastian,
Du hast Dir als Taufspruch einen Vers aus dem zweiten Kapitel der Apostelgeschichte ausgesucht, in dem es über die Gemeinde der ersten Christen und Christinnen in Jerusalem heißt: Alle Glaubenden aber hielten zusammen und hatten alles gemeinsam.
Schön, dass es in der Bibel so dasteht, schwarz auf weiß. Sie hielten zusammen und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften ihre Habe und ihren Besitz. Sie teilten das Geld, dass sie dafür bekamen untereinander auf. Jeder und jede bekam so viel, wie er, wie sie nötig hatte. Ist nicht verwunderlich, wenn Dir wie so vielen anderen Menschen, die das gelesen haben, das Wort Sozialismus dabei in den Sinn kommt.
Die Menschen trafen sich reihum in ihren Häusern, um miteinander zu essen. Sie waren fröhlich bei den gemeinsamen Mahlzeiten. Sie sangen Gott Loblieder, so dass die Nachbarn es hören konnten. Sie teilten ihr Geld und ihr Essen und ihre Sorgen miteinander. Sie steckten die Menschen, die ihnen zusahen und ihnen zuhörten mit ihrer Fröhlichkeit an. Es kamen neue Menschen dazu und ließen sich taufen. Sie konnten sich dieser Atmosphäre des Miteinanders nicht entziehen.
Für mich ist das so eine Art Wunschvorstellung, hast Du, Sebastian vorgestern gesagt. Das wünsche ich mir, dass dieser Geist, in der Gemeinde, in die hinein ich getauft werde, lebendig ist. Das sollen die Menschen in der Gemeinde wissen, dass ihrem neuen Gemeindeglied das wichtig ist. Auch deshalb habe ich mir diesen Taufspruch ausgesucht: Alle Glaubenden hielten zusammen und hatten alles gemeinsam.
Es hat immer wieder Menschen gegeben, die haben hinter diese Worte Fragezeichen gemacht oder gesagt: Na vielleicht war das ganz am Anfang so, aber wie hat lange hat diese Einmütigkeit angedauert? In der Apostelgeschichte stehen keine Fragezeichen. Es wird erzählt, was geschehen und wodurch es zustande gekommen ist.
Ihr Glaube hat die Menschen verändert, das, was der Heilige Geist in ihnen angefangen hat. Sie haben ihr Vertrauen auf Jesus gesetzt, den Gott von den Toten auferweckt hat.
Wie können wir einfach so weiter machen, wenn Gott Jesus lebendig gemacht hat, wenn Gott an Jesu Kreuz mit uns Frieden gemacht hat?. Gottes Geist hat den Menschen die Angst genommen, ihnen könnte irgendetwas fehlen, sie könnten selber zu kurz kommen, wenn sie anfangen, mit dem Teilen ernst zu machen. Vielleicht waren sie selbst am meisten darüber erstaunt, wie fröhlich sie dabei geworden sind, wie leicht ihnen das gefallen ist, loszulassen.
Ich werd jetzt bestimmt nicht anfangen, loszujammern wie weit wir uns von den Anfängen der ersten Christen und Christinnen in Jerusalem entfernt haben
Wenn Menschen in ihrer Not zu uns kommen, und um 20 oder 30 € für ihren Lebensunterhalt bitten, das ist etwas völlig anderes als wenn es auch über uns heißen würde: und sie hatten alles gemeinsam.
Ich freu mich, dass Du diesen Taufspruch ausgesucht hast, Sebastian, der Dich und uns weglockt, von unseren Bedenken , der unsere Blicke in eine andere Richtung zieht, der die Sehnsucht in uns stärkt nach dem,was Gottes Geist heute unter uns tun will:
die Sehnsucht nach einem kleinen, nur auf den ersten Blick unscheinbaren Anfang, den wir bloß nicht unterschätzen sollen; die Sehnsucht nach dem Mut zu einem unverhofften großen Schritt, einem Sprung ins kalte Wasser.
Sehnsucht danach, uns von Gott die Hände füllen zu lassen, wenn wir hier zum Gottesdienst zusammen kommen, damit wir gestärkt werden für alles, was im Alltag in der Schule und im Beruf und im Haushalt auf uns einprasselt.
Wenn die Zahl der Menschen, die bei uns in Deutschland Zuflucht und Asyl und ein lebenswürdiges Auskommen suchen, im neuen Jahr nicht weniger, wenn der Ton hier noch rauer und die Widerstände und Befürchtungen heftiger werden, auch bei uns in Vlotho, dann lasst uns an Gottes Zuspruch und seine Ermutigung denken, die Du uns mit deinem Taufspruch auf den Weg gibst: Die, die ihr Vertrauen auf Gott setzten, hielten zusammen und hatten alles gemeinsam.
Ich hoffe sehr, Sebastian, dass Du und Svenja, dass Ihr Euch in unserer Gemeinde wohl fühlen würdet, dass ihr ihr uns Menschen findet, die gerne mit Euch zusammen sind, die gerne mit Euch teilen, was sie von Gott geschenkt bekommen haben, und die gespannt sind auf dass, was Gott uns durch Euch beide zuwachsen lässt. Amen