Gemeindekonzeption der Evangelisch-Reformierten Kirchengemeinde St. Johannis in Vlotho
vom Presbyterium beschlossen am 27.05.2009
Präambel
Heidelberger Katechismus
Frage 1:
Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?
Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.
Er hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt und mich aus aller Gewalt des Teufels erlöst,
und er bewahrt mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt kann fallen,
ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss.
Darum macht er mich auch durch seinen Heiligen Geist des ewigen Lebens gewiss und von Herzen willig und bereit, fortan ihm zu dienen.
Geschichte der Gemeinde St. Johannis
Zum Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts fanden zunehmend mehr Menschen reformierten Glaubens aus dem Fürstentum Lippe Arbeit im lutherisch geprägten Vlotho. Auch in Frankreich hatte das reformierte Bekenntnis Fuß gefasst. Sie waren Anhänger des Reformators Calvin. Wer sich zu dieser Glaubensrichtung bekannte wurde als Hugenotte bezeichnet und war häufig Drangsal und Verfolgung ausgesetzt. Diese gipfelte in der Ermordung vieler Hugenotten (ca. 30.000) in der Barthdomäusnacht 1572. Obwohl verboten, verließen viele von ihnen heimlich Frankreich. Brandenburg und Hessen boten ihnen hauptsächlich Zuflucht. Auch so kamen viele Hugenotten im Laufe der Zeit nach Vlotho. 1732 schlossen sie sich zu einer Kirchengemeinde zusammen. Nach vielen Jahren, in denen die Reformierten ihre Gottesdienste im Bürgersaal der Stadt feiern mussten, wurde im Jahr 1783 mit finanzieller Unterstützung des preußischen Königs Friedrich II. das achteckige Kirchengebäude errichtet, dem 1884 der Turm folgte Die Glocken entstanden aus einem im Krieg gegen Frankreich 1870/71 erbeuteten Kanonenrohr, das Kaiser Wilhelm I. der Gemeinde geschenkt hatte. In der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde die Gemeinde von der Nähe zur Bekennenden Kirche geprägt, der die damaligen Pastoren Wilhelm Kolfhaus und sein Nachfolger Hermann Barth trotz der damit für sie verbundenen Gefahren angehörten.
Die Prägung durch die Tradition der Reformierten Kirche fordert uns als Gemeinde bis heute zu aktuellem Bekennen in unserer Gegenwart heraus. Neben der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 sind Grundlagen des Bekenntnisses insbesondere die reformierten Bekenntnisschriften der Reformationszeit. Der Kirchliche Unterricht erfolgt auf der Grundlage des Heidelberger Katechismus.
Aktuelle Lage der Gemeinde St. Johannis
Der Mittelpunkt unserer Gemeinde und der reformierten Tradition entsprechend ist die schlichte Kirche in der Langen Straße. Das Gemeindehaus und das Gemeindebüro, in dem Beate Stock acht Stunden pro Woche als Sekretärin tätig ist, befindet sich in der Moltkestraße 2 ( 05733/4471). Im Pfarrhaus nebenan wohnt Pastor Winfried Reuter mit seiner Familie ( 05733/4581).
Nach Auskunft des Kreiskirchenamts (Stand: 14.03.09) hat die Kirchengemeinde St. Johannis 825 Gemeindeglieder, von denen 813 in Vlotho und den dazugehörigen Ortsteilen und 12 im Kalletal leben.
Die Grafik zeigt die Aufteilung der Gemeindeglieder nach Altersgruppen in Prozent (dunkle Säulen) und zum Vergleich die der Gesamtbevölkerung Deutschlands (helle Säulen).
Im Jahr 2007 wurden im Presbyterium und in der Kreissynode Beschlüsse gefasst, die einschneidende Veränderungen für unsere Gemeinde mit sich brachten.
Auf Grund von Einsparungsmaßnahmen im Kirchenkreis Vlotho musste wegen der vergleichsweise kleinen Anzahl von Gemeindegliedern die bis dahin volle Pfarrstelle auf eine halbe reduziert werden. Die halbe Organistenstelle wurde gestrichen und die Orgel wird seither von wechselnden Organisten und Organistinnen auf Honorarbasis gespielt. Ebenfalls gestrichen wurde die halbe Küsterstelle. Die bisherige Küsterin, Renate Finkbeiner, führt die Arbeit nun ehrenamtlich gegen eine geringe Aufwandsentschädigung fort. Außerdem wurde der Förderverein St. Johannis e.V. gegründet, der inzwischen 65 Mitglieder hat und im Jahr 2008 Einnahmen in Höhe von 10.567,54 € verbuchen konnte. Der Förderverein steuert jährlich mindestens 5000€ zur Deckung des Gemeindehaushalts bei.
Im Gegenzug für die solchermaßen unter Beweis gestellte Bereitschaft zu Einsparungen und zu vermehrten Eigenleistungen erhält St. Johannis auf Beschluss der Kreissynode über die allen Gemeinden pro Jahr zustehenden Pauschale pro Gemeindeglied (derzeit 55€) einen jährlichen Zuschuss in Höhe eines Drittels einer halben Pfarrstellenpauschale (derzeit rund 13.000€). Mit diesem Beschluss hat die Kreissynode zugleich dokumentiert, wie wichtig ihr der Erhalt der einzigen reformierten Gemeinde im Kirchenkreis ist.
Dass St. Johannis weiterhin besteht, hängt jedoch nicht nur von den Finanzen ab und davon, dass die Gemeindegliederzahl nicht erheblich sinkt. Wie kaum eine andere Gemeinde ist St. Johannis auf ehrenamtliches Engagement angewiesen. Vor allem die auf die Hälfte reduzierte Pfarrstelle und der Wegfall der Küsterstelle sind eine große Herausforderung. Nur wenn sich genügend Ehrenamtliche bereit finden, nicht mehr durch hauptamtliche Arbeit abgedeckte Tätigkeiten zu übernehmen, wird das Gemeindeleben weiterhin funktionieren. Die bisherigen Erfahrungen mit der neuen Entwicklung geben jedoch Anlass zur Hoffnung.
Leitsatz 1
„Ohne mich könnt ihr nichts tun!“ (Johannes 15,5b)
„Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2. Korinther 12, 9)
Wir wollen in der Gemeinde gute Gottesdienste feiern und gemeinsam beten. Evangelium bedeutet „Frohe Botschaft“ Als solche wollen wir sie den Menschen näher bringen, nicht als eine drohende Botschaft. Wir achten darauf, dass wir nicht in Aktivismus verfallen und vertrauen auf Gottes Geist.
Derzeitige Situation
In unserer Kirchengemeinde werden zurzeit verschiedene Formen des Gottesdienstes angeboten. Dabei wird versucht, die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Erwartungen an die Gottesdienste zu erfüllen.
Wir bieten an:
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traditionelle Gottesdienste mit Schwerpunkt auf Predigt
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Kindergottesdienste
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Krabbelgottesdienste
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Gottesdienste für Jung und Alt
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Jugendgottesdienste
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Singegottesdienste
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frei gestaltete Gottesdienste durch die einzelnen Gemeindegruppen (z.B. Männer-kreis, Offener Gesprächskreis usw.)
Bei fast allen Gottesdienstformen wird es den Gottesdienstbesuchern ermöglicht, bei der Vorbereitung und Durchführung mitzuwirken und sich aktiv an der Gestaltung zu beteiligen.
Durch das vielfältige Angebot erreichen wir, dass die Frohe Botschaft möglichst allen Generationen näher gebracht wird.
Wir nehmen unsere Kinder und Jugendlichen als wichtige Glieder unserer Gemeinde wahr und haben Verständnis für Ihre Lebendigkeit.
Ziele
Da die Erwartungen an die Gottesdienste unterschiedlich sind, wollen wir auch in der Zukunft verstärkt auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Generationen eingehen.
Traditionelle Gottesdienste sollen weiterhin eine tragende Säule im Gemeindeleben sein. Die bestehende Liturgie soll erhalten bleiben, um heutigen und zukünftigen Generationen den Leitgedanken der Reformation zu übermitteln. Das Wort Gottes, in Form einer stärkenden Predigt, soll den Mittelpunkt des Gottesdienstes ausmachen.
Die anderen Formen des Gottesdienstes sollen eine weitere Säule bilden.
Kinder und Jugendliche sind die Zukunft unserer Gemeinde. Ihnen die Frohe Botschaft zu vermitteln und sie stärker in das Gemeindeleben einzubinden ist unser Ziel. Lebendiger gestaltete Gottesdienste motivieren die Jugend und helfen ihr auf ihrem Weg zum Glauben.
Wir wollen eine Brücke zwischen Jung und Alt bauen, so dass mehr Verständnis und Toleranz zwischen den Generationen besteht.
Leitsatz 2
Jesus Christus spricht:
„Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“
(Mt 11,28)
In unserer Gemeinde sind alle Menschen aus Vlotho und Umgebung willkommen und zum Mitmachen eingeladen, die an Gott glauben und ebenso diejenigen, die Zweifel haben.
Derzeitige Situation
Um möglichst viele Menschen anzusprechen, haben wir ein vielfältiges Angebot an Aktivitäten:
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Sonntägliche Gottesdienste
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Kindergottesdienst am Samstag
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Abend um die Bibel
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Glaubensseminare
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Gemischter Chor und Chorprojekt
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Gemeindekreise
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Jugendtreff
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Krabbelgruppen
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Geburtstagsfeier für die über 70jährigen
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Handarbeitskreis
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Sonntägliche Kaffeestube
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Bücherei
Zusammen mit anderen Vlothoer Gemeinden:
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Friedensgebete
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Allianzgebetswoche
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Bibelwoche im Herbst
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Passionsandachten
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Weltgebetstag der Frauen
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Ökumenische Pfingsttreffen
Ziele
Wir wollen unsere Türen offen halten, um Schwellenängste herabzusetzen. Die Teilnahme eines jeden soll weiterhin möglich und willkommen sein. Wir wollen auch in Zukunft eine einladende Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen, beibehalten und fördern.
Wir wollen verstärkt darauf achten, dass unsere Angebote in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Unser Ziel ist es, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu finden, die mit Freude die Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen.
Leitsatz 3
„Dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.“ (1.Petrus 4,10)
„Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Galater 6,2)
Unsere Gemeinde soll eine wirkliche Gemeinschaft sein, in der einer für den anderen da ist und in der man sich gegenseitig im Rahmen seiner Möglichkeiten hilft, sodass alle froh sind, dazu zu gehören. Wir wollen lernen, die Hilfe, die Gott uns durch andere zuteil werden lässt, anzunehmen und uns darüber zu freuen.
Derzeitige Situation
In unserer Gemeinde gibt es eine Vielzahl von Gruppen, Kreisen, Veranstaltungen und Aktivitäten, in denen über den Gottesdienst hinaus Gemeinschaft erfahren und erlebt werden kann.
An erster Stelle sind hier die verschiedenen Gemeindekreise zu nennen. Es gibt den Abend um die Bibel, den Frauenkreis, den Männerkreis, den Offenen Gesprächskreis, den Hauskreis und den von einer Honorarkraft betreuten Jugendtreff. Auch der Redaktionskreis für den Gemeindebrief gehört dazu. Von großer Bedeutung für das Gemeindeleben sind die beiden Chöre: der Gemischte Chor, geleitet von Renate Cremer, die auch den Flötenkreis leitet, und das von Peter Ausländer geleitete Chorprojekt. Eine besondere Form stellen die Katechumenen- und die Konfirmandengruppe dar, die für die meisten Jugendlichen leider der einzige Kontakt zur Gemeinde sind.
Viele wichtige Anregungen für die Gestaltung des Gemeindelebens kommen aus dem Gemeindebeirat, dessen Sitzungen stets sehr gut besucht sind. Und der von der Gemeinde unabhängige, aber von Gemeindegliedern getragene Förderverein steuert einen erheblichen Teil zur Finanzierung von St. Johannis bei.
Es gibt in Einzelfällen finanzielle Unterstützung für Bedürftige. Außerdem haben es einige Gemeindeglieder übernommen, Pastor Reuter bei den Geburtstagsbesuchen zu entlasten. Während er alle Gemeindeglieder ab dem 80. Geburtstag besucht, besuchen sie alle ab 70 an ihrem Geburtstag. Dieser Besuchsdienst strebt an, künftig für alte und kranke Menschen in unserer Gemeinde da zu sein.
Neben den kontinuierlichen Aktivitäten gibt es Feste und Feiern wie etwa das Gemeindefest, das Hoferntedankfest, den Bazar, die Maiwanderung und andere Ausflüge, die sonntägliche Kaffeestube oder das Kirchcafé und die im Wechsel alle zwei Jahre stattfindenden Jugend- und Familienfreizeiten an der Nordsee, deren Zukunft allerdings ungewiss ist.
Der größte Teil dessen, was oben aufgezählt wurde, beruht auf dem ehrenamtlichen Engagement von Gemeindegliedern. Unser Gemeindeleben erschöpft sich jedoch nicht darin, sondern es gibt darüber hinaus eine Vielzahl informeller Kontakte und gegenseitiger Hilfestellungen, was dadurch begünstigt wird, dass St. Johannis eine kleine und überschaubare Gemeinde ist, in der sich viele persönlich kennen.
Ziele
Wir wollen in Zukunft noch mehr dafür tun, dass unsere Gemeinde enger zusammenwächst und jedes Gemeindeglied seinen Platz darin findet. Wir wollen so gut wie möglich für einander da sein. Wer sich am Gemeindeleben beteiligen möchte, dem soll die Möglichkeit dazu eröffnet werden, und wer Beistand braucht, soll ihn erhalten.
Dies soll u.a. erreicht werden durch eine bessere Ermittlung und Vermittlung des Angebots und Bedarfs an Hilfe, z.B. durch einen Briefkasten für Wünsche, Anregungen und Sorgen im Gemeindehaus; eine Pinwand im Gemeindehaus; eine interaktive Internetseite; die Zusammenarbeit mit ‚Zeitspende’.
Leitsatz 4
„Jeder sei in seiner Meinung gewiss.“ (Römer 14,5b)
Wir wollen in unserer Gemeinde offen miteinander reden und rücksichts-voll miteinander umgehen. Niemand soll Angst haben müssen, etwas Falsches zu sagen oder für seine Meinung schief angesehen zu werden. Und niemand sollte seine eigene Meinung zum Maßstab für alle erheben.
Derzeitige Situation
Es gibt eine reiche Meinungsvielfalt innerhalb der Gemeinde und ihrer Gremien.
Die einzelnen Kreise stellen ein Programm für das Jahr zusammen oder entscheiden kurzfristig über die Themen der Treffen. Die Themenauswahl und -vorbereitung geschieht durch die Teilnehmenden. Regelmäßig erfolgt ein Austausch der Meinungen zwischen den Anwesenden.
Unser Presbyterium ist mit acht Mitgliedern plus Pastor(in) relativ groß. Es soll versucht werden, diese Größe zu erhalten. Es repräsentiert insofern bereits ein großes Spektrum unterschiedlicher Ansichten. Dieses Spektrum wird durch den Gemeindebeirat ergänzt, in dem alle Mitglieder sehr offen über aktuelle Fragen diskutieren. Dies bildet regelmäßig eine gut fundierte Grundlage für die Entscheidungen des Presbyteriums.
Die Gemeinde gibt einen Gemeindebrief heraus. Dessen Redaktion besteht aus derzeit sechs Personen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Glaubensausrichtung. Momentan gibt es die festen Themenbereiche „Theologie, Gemeindeaktivitäten, Kinder- und Jugendarbeit“ sowie die Vorstellung einzelner Gemeindeglieder. Darüber hinaus werden die unterschiedlichsten Beiträge von Autoren und Autorinnen, die nicht Mitglieder der Redaktion sind, gedruckt. Jeder Artikel bleibt inhaltlich unangetastet. Jede Meinung hat ihre Berechtigung, darf und muss sich der Diskussion stellen.
Ziele
Der Kreis der Redaktion ist kein geschlossener, sondern ein offener Kreis. Wir wollen möglichst viele Gemeindeglieder dazu ermuntern, in der Redaktion mitzuarbeiten oder gelegentlich einen Artikel zu schreiben. Die Diskussionsfreudigkeit erscheint noch unterentwickelt. Es ist unser Wunsch, einzelne Themen im Rahmen eines Diskussionsforums kontrovers durch die Leserschaft beleuchten zu lassen. Die Angst, als Verfasser oder Verfasserin von Leserbriefen oder Beiträgen zu erscheinen, soll abgebaut werden.
Die gegenseitige Inspiration und Wechselwirkung zwischen den Gemeindekreisen und dem Gemeindebrief soll noch stärker werden. Hierdurch wird die Identifikation der Einzelnen mit der Gemeinde vertieft.
Eine möglichst ausgeprägte Kommunikationskultur kann den Erhalt der Gemeinde sichern helfen. Anregungen der Gemeindeglieder helfen bei der Entscheidungsfindung durch das Presbyterium und den Pastor/die Pastorin.
Die Meinungsfreiheit in der Einigkeit des Glaubens stellt eine wesentliche Säule des reformierten Gedankens der „Kirche von unten“ dar. Die Stärkung und Gewährleistung dieser Meinungsfreiheit ist eine stetige Aufgabe der Gemeinde.
Leitsatz 5
„Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat, und wenn er eins von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet.“ (Lukas 15,4)
Wir warten nicht darauf, dass die Menschen zu uns kommen, sondern gehen in Geduld und Liebe denen nach, die nicht glauben können oder nicht glauben wollen. Wir suchen nach Formen, die es den Menschen erleichtern, das Evangelium zu verstehen. Und wir zeigen durch unser eigenes Handeln, was es heißt, ein Christ zu sein.
Derzeitige Situation
Um möglichst viele zu erreichen, bietet St. Johannis eine Vielfalt von zielgruppenorientierten Gottesdiensten an. Auch die in Zusammenarbeit mit anderen Vlothoer Gemeinden veranstalteten offenen Bibelabende und die Versuche, ‚Abende rund um den Glauben’ für Konfirmandeneltern durchzuführen, dienen diesem Zweck.
Ferner versuchen wir, durch Aktionen auf dem Stadtfest auf unsere Gemeinde aufmerksam zu machen. Für neu Zugezogene gibt es einen Besuchsdienst, der den Kontakt zwischen ihnen und der Gemeinde herstellt.
Eine weitere Möglichkeit, Zugang zu den Menschen zu bekommen, besteht darin, ihnen bei Bedarf unser Gemeindehaus zur Verfügung zu stellen, was derzeit z.B schon für Flüchtlinge bzw. in der Flüchtlingshilfe Tätige, Veranstaltungen der AWO, des Partnerschaftsvereins Aubigny geschieht.
Ziele
Unsere Gemeinde bemüht sich in Zukunft verstärkt, diejenigen zu erreichen, die nicht zu den traditionellen Gottesdiensten kommen oder überhaupt der Kirche skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Neben neuen Formen der Mission vor Ort, zur Vermittlung des Evangeliums wird dabei das gelebte Beispiel von entscheidender Bedeutung dafür sein, den Menschen begreiflich zu machen, was es bedeutet, Christ zu sein. Wir wollen die Menschen dort abholen, wo sie stehen, und ihren Anliegen Gehör verschaffen.
Dies soll u.a. erreicht werden durch Nachfragen bei aus der Kirche Ausgetretenen oder durch Aktivitäten auf kulturellem Gebiet wie z.B. Peter Ausländers Chorprojekt; kirchenmusikalische Veranstaltungen und die Beteiligung an der alle zwei Jahre an Pfingsten stattfindenden ‚Nacht der offenen Kirchen’.
Leitsatz 6
„Im Reich dieses Königs hat man das Recht lieb.“ (Psalm 99,4)
„Und schafft Recht den Waisen und Witwen und habt die Fremdlinge lieb, dass ihr ihnen Speise und Kleider gebt. Denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland.“ (5. Mose 10,18-19)
Unsere Gemeinde als reformierte Gemeinde in der Tradition der Bekennenden Kirche will die aus dem Gebot der christlichen Nächsten-liebe entspringende gesellschaftliche Verantwortung stärker wahrnehmen und sich für die Linderung von Not und für mehr Gerechtigkeit in Deutschland und in der Welt einsetzen.
Wir kümmern uns um alte und kranke Menschen.
Derzeitige Situation
In unserem Gemeindehaus finden regelmäßig organisierte Geburtstagsfeiern für Ältere und Geburtstagsbesuche bei den Gemeindegliedern ab 70 statt. Der Frauenkreis kümmert sich bei Vorträgen und gemeinsamem Kaffeetrinken um ältere Frauen unserer Gemeinde. Viele Gemeindemitglieder sind auch in der AWO-Seniorengruppe organisiert, die sich ebenfalls regelmäßig in unserem Gemeindehaus trifft. Darüber hinaus befindet sich die Diakoniestation Vlotho unter dem Dach unserer Gemeinde und es gibt zusätzlich ehrenamtlich geleistete Zuwendung (z.B. in Form von Vorlesen) für die Bewohner und Bewohnerinnen des Altenheims ‚Simeonsstift’.
Unsere Gemeinde ist Mitglied der Erlassjahr-Kampagne und unterstützt mit einem kleinen finanziellen Beitrag die Arbeit von Oiko-Kredit.
Einmal im Monat findet an Freitagabenden in unserer Kirche ein Friedensgebet statt.
Gesellschaftspolitisches Engagement zeigen einzelne Gemeindeglieder, die z.B. in der DIG (Die internationale Gesellschaft, Flüchtlingshilfe Vlotho e.V) oder in der Mendel-Grundmann-Gesellschaft bei der Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Vlothos mitarbeiten. Einige Gemeindeglieder arbeiten bei Amnesty International mit. Von diesem Engagement einzelner Gemeindeglieder abgesehen hat St. Johannis in den letzten Jahren allerdings wenig zu gesellschaftspolitischen Fragen und Problemen Stellung bezogen oder sich gar eingemischt.
Ziele
Wir wollen dafür eintreten, dass Menschen das bekommen, was sie zum Leben brauchen, damit sie nicht um Almosen betteln müssen, sondern zu dem Recht kommen, das Gott ihnen verbürgt.
Verstärken soll sich der gesellschaftspolitische Einsatz gegen bestimmte Fehlentwicklungen. Wir wollen die eher obrigkeitskritische Tradition der Reformierten fortführen. Im Rahmen unsrer Möglichkeiten wollen wir die immer weitergehenden Einschränkungen der Privatsphäre durch Wirtschaft und Staat ins Bewusstsein rücken und dem zunehmend vorherrschenden bloßen Rentabilitätsgedanken entgegentreten, der in der modernen Gesellschaft Raum greift und zu vermehrtem Stress im beruflichen Alltag oder aber zu Arbeitslosigkeit führt und für viele Menschen finanzielle Sorgen und Existenzängste zur Folge hat.
Dazu wollen wir uns als Gemeinde für ein Praxisfeld entscheiden, in das wir uns in Zukunft exemplarisch einbringen wollen.
Leitsatz 7
„Dort fanden wir Brüder. Als Paulus sie sah, dankte er Gott und gewann Zuversicht.“
(Apostelgeschichte 28,14a,15b)
Wir nehmen dankbar die Gelegenheiten wahr, die Gott uns schenkt, auch mit Menschen außerhalb der Kirche gemeinsam am Kommen seines Reiches zu arbeiten. Wir lassen uns als Menschen, mit denen Gott Frieden geschlossen hat, ermutigen, mit anderen Menschen Frieden zu schließen.
Wir suchen die Gemeinschaft mit Christinnen und Christen an anderen Orten und in anderen Ländern in Erwartung der Bereicherung, die uns Gott dadurch zuteil werden lässt.
Derzeitige Situation
Wir nehmen seit vielen Jahren an den Landeskirchen übergreifenden Nachbarschaftstreffen reformierter Gemeinden in Ostwestfalen und Südniedersachsen teil. Den Himmelfahrtsgottesdienst feiern wir gemeinsam mit den reformierten Gemeinden des Kalletals. Die Frauenhilfe Hohenhausen trifft sich zwei Mal im Jahr zu einem Fest mit unserem Frauenkreis.
Innerhalb Vlothos funktioniert die Zusammenarbeit mit der katholischen und den lutherischen Kirchengemeinden recht gut, was der gemeinsam gestaltete Weltgebetstag der Frauen sowie gemeinsame Gebetswochen, Passionsandachten, Bibeltage, Vorträge, Bibellesekurse, Treffen am Pfingstmontag usw. beweisen. Einmal im Monat findet (jährlich wechselnd in einer der Vlothoer Kirchen) ein Taizé-Gebet statt, an dem Christinnen und Christen aus verschiedenen katholischen und evangelischen Kirchengemeinden teilnehmen.
Über persönliche Kontakte zu Judith Finkbeiner aus unserer Gemeinde, die in Nairobi (Kenia) in einem Seelsorge- und Therapiezentrum der AIM (Afrika Inlandmission) arbeitet und durch das DMÄT (Deutsches Missionsärzteteam) dorthin entsandt wurde, erfolgen regelmäßige Informationen über Land und Leute. Das DMÄT arbeitet z.B. in Uganda, Ruanda und in Tansania in Form von medizinischer Betreuung und missionarischen Projekten. Unter anderem betreut das „Tumaini Counselling Center“ in Nairobi Missionsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen psychologisch. Die Gemeinde unterstützt die Arbeit dort durch Spenden und ihr Gebet.
Wir halten Kontakt zu unserer Partnergemeinde in Rimaszombat (Ref. Kirche der Slowakei), zu der wir im jährlichen Wechsel Besuchsreisen unternehmen bzw. eine Delegation aus dieser Region bei uns empfangen. Wir unterstützen dort kirchliche Projekte vor Ort und nehmen gegenseitig regen Anteil am Gemeindeleben.
Der in unserer Gemeinde alljährlich am 1. Advent stattfindende Missionssonntag greift jeweils ein Missionsthema auf bzw. bietet Informationen über Länder, in denen Mission stattfindet. Solche Veranstaltungen sind eine Bereicherung, denn von vielen Kirchen-gemeinden, z.B. in Afrika oder der Slowakei (s. o.) können wir viel lernen, sodass hier kein einseitiges Spendensammeln stattfindet, sondern ein Austausch. Als Gemeinde eingebunden sind wir auch in die Kirchenkreispartnerschaft zwischen Vlotho und Tambarare (Tanzania). In einem ausgewiesenen Tambarare-Gottesdienst singen wir zunehmend mutiger auch Lieder auf Suaheli.
Wir beteiligen uns an Vlothoer Initiativen wie z.B. dem Bündnis gegen das Collegium Humanum und dem Runden Tisch Migration.
Ziele
Der ökumenische Aspekt unserer Gemeindearbeit soll in Zukunft fortgesetzt werden. Wir wollen künftig verstärkt mit anderen christlichen Gemeinden partnerschaftlich zusammenarbeiten.
Leitsatz 8
„Dies ist das Buch von der Geschichte Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.“ (Matthäus 1,1)
„Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat.“ (Römer 11,21)
„Ihr wisst nicht, was ihr anbetet; wir wissen aber, was wir anbeten; denn das Heil kommt von den Juden“ (Johannes 4,22)
Wir versuchen den Segen zu verstehen, den Gott uns dadurch zugedacht hat, dass ein Jude unser Herr ist.
Derzeitige Situation
Eine durch den Juden Christus vermittelte positive Beziehung zum jüdischen Glauben und damit zur Erwählung des jüdischen Volkes gehört bisher nicht zum selbstverständlichen Alltagsbewusstsein in unserer Gemeinde, ungeachtet dessen, dass sich verschiedene Einzelpersonen in der Mendel-Grundmann-Gesellschaft, die sich dem Gedenken der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus verpflichtet weiß, oder im Bündnis gegen das Collegium Humanum engagieren.
Kristallisationspunkt der Bedenken ist immer wieder das Verständnis des Alten Testaments, dem viele mit Skepsis begegnen, weil sie in ihm gewaltsames Vorgehen im Namen Gottes oder durch Gott selbst bezeugt und gerechtfertigt finden. Das Alte Testament wird von vielen nach wie vor bestenfalls als Vorstufe des Neuen Testaments (Evangelium von Jesus Christus) angesehen.
Auch gibt es die Befürchtung, dass eine positive Bezugnahme auf die Erwählung Israels eine grundsätzlich unkritische Haltung gegenüber der Politik des heutigen jüdischen Staates nach sich zieht.
Ziele
Schritte, um uns durch Jesus von unseren Berührungsängsten gegen Juden/dem jüdischen Glauben heilen zu lassen und uns stattdessen über die stärkende Geschwisterschaft zu freuen:
Wir nehmen in dem, was wir reden, hören und tun, die Beziehung, in die wir durch Jesus zum Gott Israels und zu den Menschen seines Volkes gestellt sind, grundsätzlich wichtiger und ernster als alle Zweifel und Anfragen, die uns weiterhin beschäftigen
Wir reden über jüdische Menschen nicht wie über abwesende Dritte. Wir interessieren uns für die Vielfalt jüdischen Glaubens
Wir interessieren uns dafür, wie jüdische Menschen sich und ihren Glauben selber verstehen.
Wir lassen uns bei allen Spannungen, die wir entdecken, nicht davon abbringen, die Bibel als eine Einheit zu lesen
Wir freuen uns darüber, dass uns die Unerschütterlichkeit der Erwählung Israels durch Gott die Unerschütterlichkeit unserer eigenen Erwählung in Jesus Christus bezeugt.