Eigentlich ist es zu groß nach dem Auszug der Kinder, das Haus in der Wilhelm-Kölling-Straße, in dem Harald Kreylos (75) und seine Ehefrau Anni wohnen. Aber die zwei können sich nicht vorstellen, von hier wegzuziehen. Zu sehr würden sie die vertraute Umgebung, die gemütliche Wohnung, die Nachbarschaft und nicht zuletzt die schöne Aussicht vermissen. Sie sind seit 52 Jahren verheiratet und machen den Eindruck eines gut eingespielten, miteinander sehr vertrauten Paares. Ihr Sohn Stephan lebt in Bünde, Tochter Birgit in Bad Oeynhausen, also beide ganz in der Nähe. Und Enkel gibt es auch: Jan-Malte (9) und Laura (20), die in Münster Medizin studiert.
Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkriegs in Bad Oeynhausen geboren, ist Harald Kreylos bis zu seinem siebten Lebensjahr auf der Lohe aufgewachsen. Sein Vater ist 1942 im Krieg umgekommen. Nach Vlotho kam er 1946, als seine Mutter wieder geheiratet hat und die junge Familie hierher zog. Hier hat er die Volksschule besucht und anschließend eine kaufmännische Lehre in einer Kohlenhandlung absolviert. Nach vierjähriger Tätigkeit bei Kannegiesser machte er sich selbstständig. Bis Ende 1963 fuhr er mit einem Bulli über Land und verkaufte Werkzeuge und Berufskleidung an Bauhandwerker, die beides damals noch nicht vom Arbeitgeber gestellt bekamen, sondern es aus eigener Tasche bezahlen mussten. Weil er jedoch nach seiner Heirat nicht mehr so viel „auf Achse“ sein wollte, gab er dies auf und trat Anfang 1964 eine Stelle in einem Großhandel für Raucherbedarfsartikel an. Dort arbeitete er, bis 1999 ein Herzinfarkt dazu führte, dass er zum Frührentner wurde.
Aber nun einfach nur noch zuhause herumsitzen war nicht seine Sache. Das Wandern war immer eine Leidenschaft von ihm. Auch ist er im Heimatverein Vlotho aktiv. Und ganz besonders am Herzen liegt ihm der Förderverein des Waldfreibads in Valdorf, dessen Geschäftsführer er ist. So lange es sein Gesundheitszustand zuließ, ging er mit seiner Frau während der Freibadsaison jeden Morgen um 7 Uhr schwimmen. Daran ist zur Zeit bedauerlicherweise nicht zu denken, denn er hat gerade wieder einen anderthalbwöchigen Krankenhausaufenthalt hinter sich.
Ursprünglich Lutheraner und 1953 zusammen mit 117 anderen in St. Stephan konfirmiert, ist Harald Kreylos durch seine Ehefrau zu St. Johannis gestoßen. Sie stammt aus Vlotho und gehört unserer Gemeinde von klein auf an. Beide fühlen sich in der Gemeinde sehr wohl und finden es gut, dass man sich untereinander kennt und hilft. Außerdem schätzen sie Pastor Reuter und seine Frau. Das einzige, was ihnen nicht so gefällt, sind die Gottesdienste für Jung und Alt. Wenn sie sonntagmorgens in die Kirche gehen, wünschen sie sich einen Gottesdienst in der traditionellen Form. Seit vielen Jahren ist Harald Kreylos im Männerkreis zuhause, für den er auch alljährlich einen Ausflug organisiert. An der Planung der Maiwanderung ist er ebenfalls beteiligt. Und beim Gemeindefest oder an Erntedank steht er hinter dem Grill. Darüber hinaus verteilt er Gemeindebriefe.
Auf die Frage, welche Rolle der Glaube in seinem Leben spielt, sagt er: „Ich habe mich immer wieder zu Gott hingezogen gefühlt“. Und gerade bei seinen zum Teil sehr schweren Krankheiten hat er sich andererseits stets von Gott beschützt gefühlt. Deshalb bedeutet ihm Psalm 23 sehr viel, von dem hier aus Platzgründen leider nur der Anfang zitiert werden kann:
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“
Dieter Westermann