Kantate! Singt! ER ist gütig und SEINE Barmherzigkeit währt auf Weltzeit

Predigttext vom 10.05.2020

2. Chronik 5,2-14

(Bibeltext am Ende des Artikels)

 

Kantate, „Singt“, heißt der Sonntag, der in diesem Jahr auf den 10. Mai fällt, zwei Tage nach dem sich zum 75. Mal der Tag des Endes des 2. Weltkriegs jährt.

Möglicherweise mit einem Anflug von Neid richten sich unsere Blicke auf dieses große Fest in Jerusalem. König Salomo hat eingeladen. Und alle sind sie gekommen. Viele, viele Menschen sind dort öffentlich zusammengekommen: die angesehenen Verantwortungsträger, aber genauso die, die wir gerne als die einfachen Leute im Volk bezeichnen.

Alle wollen sie mit dabei sein an diesem Tag, an dem endlich der Tempel eingeweiht wird, der Ort, von dem Gott versprochen hat, dass sein Name dort inmitten der jüdischen Männer und Frauen wohnen soll. Salomos Vater David hätte so gerne selbst den Tempel gebaut. Aber Gott hat gesagt: Nein, Du hast zu viele Kriege geführt, David. An Deinen Händen klebt Blut.

Die Leviten und ihre „Chefs“, die Priester, sind auch da. Natürlich. Sie werden gebraucht. Um all die vielen Rinder und Schafe zu schlachten, die die Leute mitgebracht haben. Die kostbarsten Teile sind zum Dank an Gott als ein lieblicher Wohlgeruch bestimmt. Das übrige Fleisch ist für das Festessen für alle.

Weitere wichtige Aufgaben warten auf die, die im Tempel Dienst tun. Die Leviten in ihren Gewändern aus feinem Byssus-Stoff tragen die Lade ins Innere des Tempels, bis unter die Cherubenflügel im Allerheiligsten. All die Jahre habe ihre Vorväter diesen schmucklosen Holzkasten durch die Wüste getragen.

Niemals soll die Erinnerung an diese Zeit verloren gehen. Deshalb werden jüdische Menschen an diesem Fest für eine Woche in Laubhütten wohnen. Viele tun das bis auf den heutigen Tag. Wir mögen in noch so festen, scheinbar sicheren Mauern leben, vergesst es nicht in Eurer Seligkeit über den neuen Tempel: Wir haben hier keine bleibende Stadt, die zukünftige neue Stadt, die Stadt mit den Tag und Nacht offenen Toren, Gottes Stadt suchen wir.

Die Lade des Bundes zwischen Gott und seinem Volk enthält nichts außer den Tafeln, die Mose vom Berg Horeb mitgebracht und den Söhnen und Töchtern Israels übergeben hat. Auf ihnen sind die 10 Worte eingraviert, das Grundgeländer für das Leben in der Freiheit: „Ich bin’s, Dein Gott, der Dich liebt, der Dich aus dem ägyptischen Sklavenhaus gerettet hat. Du wirst keine anderen Götter haben mir ins Angesicht.“ Du wirst Dich nicht wieder zum Sklaven machen (lassen).

Da gibt es noch etwas, dass an diesem Festtag auf keinen Fall fehlen darf: Musik, Menschen, die ihre Stimmen zum Singen gebrauchen, die den Vögeln nacheifern, die uns morgens mit ihrem Gesang aus dem Schlaf willkommen heißen.

Als im März feststand, dass unser Projektchor sich auf unbestimmte Zeit nicht zur Probe wird treffen können, hat unser Chorleiter einen Gruß geschrieben, der so endet: „Kommt möglichst gesund und frohgemut (was für ein schönes, altmodisches Wort!) über die Tage und Wochen… und vielleicht Monate! Und vergesst nicht, dass Euch eine Stimme gegeben ist, die vor allem singend genutzt werden will. (Dass sie sich zudem auch noch noch zum Sprechen eignet, ist nicht schlecht, aber von minderer Bedeutung)“

Bist Du jemand, der gerne singt, der das gemeinsame Singen mit anderen zur Zeit schrecklich vermisst; dem es wie ein Klotz auf der Seele liegt, dass ausgerechnet das gemeinsame Singen verboten ist, wenn wir uns jetzt im Mai, mit Mundschutz und Sicherheitsabstand, aber doch wieder gemeinsam zum Beten und Hören der Guten Nachricht in der Kirche treffen dürfen? Hast Du nichtsdestotrotz keine Scheu, notgedrungen bis auf Weiteres auch alleine zu singen: auf einem Spaziergang, unter der Dusche, notfalls, wenn die Proteste der Mitbewohner- oder Nachbar*innen zu laut werden sollten, auch nur im Kopf, im Herzen, oder summend, mitsummend?

Für mich war einer der glücklichsten Momente der letzten Wochen, als es mir gelungen ist, endlich wieder unseren Plattenspieler in Gang zu setzen, und ich die vertrauten Melodien und Texte mitsingen konnte.

Bist Du jemand, die sofort ihre inneren Stacheln ausfährt, wenn sie so etwas hört? Hältst Du Dich für total unmusikalisch, für einen Menschen, bei dem immer nur schiefe Töne oder ein seltsames Brummen herauskommen, wenn Du es trotzdem versuchst? Woraufhin die anderen Menschen entweder schleunigst die Flucht ergreifen oder so energisch protestieren, dass Du sofort bereust, es mal wieder versucht zu haben?

Vergiss nicht, dass Gott auch Dir eine Stimme zum Singen gegeben hat! Noch nie hat er auch nur die Andeutung einer Bedingung gemacht, wie das für ihn zu klingen hat. Kein Wunder, ist er doch der, der sich aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge eine Macht zubereitet um seiner Feine willen (Psalm 8,3). Warum dann nicht auch aus Deinem Mund, auch wenn Du weder unmündig noch ein Säugling bist?

Die levitischen Sänger sind vorbereitet. Sie haben ihre Harfen, Cymbeln und Zittern und vor allem sich selbst dabei. Die Priester mögen an diesem Tag, vielleicht vor Aufregung, etwas chaotischer als sonst durcheinanderlaufen, aber ihre Trompeten, die haben auch sie parat.

Und dann geschieht’s: Als sie die Saiten ihrer Instrumente anschlagen, als sie die Trompeten an ihre Lippen setzen, als sie ihr Zwerchfell anspannen und die Luft aus ihrem Brustkorb ihre Stimmbänder in Schwingung versetzt und zum Klingen bringt, da klingt es wie eine Stimme, in all der Vielfalt der Töne und Klangfarben.

Kann das sein, dass Singen, das Musizieren Macht hat, dass fertig zu bekommen, uns dazu zu bringen, unsere Differenzen, nein, nicht für einen Moment beiseite zu schieben, sondern tatsächlich zu überwinden

deinen – mag sein – allzu berechtigten Ärger über den anderen; Deine Neidgefühle, Deine Angst vor der anderen; Deine schmerzlichen Erfahrungen, nicht wahrgenommen, nicht gehört, nicht ernst genommen, schlicht vergessen zu werden?

Es wird schon darauf ankommen, was wir da singen. Denn, hier irrt der Volksmund. Auch „böse’“ Menschen haben Lieder. Es wird darauf ankommen, dass wir nicht nur mit unseren Lippen singen,

sondern dass unser Singen unsere Hände, Füße, Augen, Ohren, unser Herz und unseren Verstand in Bewegung bringt.

Das Lied der Leviten und Priester besteht aus einem einzigen Satz: SEINE Güte und Barmherzigkeit währt auf ewig. Seine Barmherzigkeit hat kein Ende, so lange diese Welt besteht. Sie lässt sich nicht von unserer Barmherzigkeit einschüchtern. Sie stellt sich Deiner und meiner Unbarmherzigkeit in den Weg. Sie erbarmt sich, während wir von unserem Groll, von unserer Angst, von unserem Misstrauen nicht lassen können. Sie ist treu, wenn wir untreu sind:

Sie erbarmt sich der Sterbenden. Sie behandelt die von uns aufs Neue aufgerichteten Grenzschranken wie Luft. Sie macht keinen Bogen um die Slums. Sie hört das Weinen der verwaisten Kinder in den Flüchtlingslagern. Sie wacht über den Schlaf der Obdachlosen im Freien, die jetzt noch mehr denn sonst die Zustände in den städtischen Übernachtungsunterkünften meiden. Sie verzweifelt mit ihnen, wenn sie tagsüber keinen Ort finden, an dem sie ihre Notdurft verrichten können. Draußen vor den Toren der Stadt hat Jesus die Schmach getragen, die sie ihm angetan haben.

Bekennen wir uns mit unserem Lied zu diesem Gott, zu SEINER Barmherzigkeit? Sind wir uns klar, was wir damit tun: wie könnte unser Singen ohne Folgen bleiben?

SEINE Güte und SEINE Barmherzigkeit währen ewig, sie haben kein Ende, so lange diese Welt besteht. Als dieses Lied im Tempel erklingt, da erfüllt eine Wolke SEIN Haus. Die Wolke, die ihre Väter und Mütter beim Durchzug durch das rote Meer vor dem Pharao geschützt hat. Die Wolke, die ihnen an jedem ihrer Ruheplätze unterwegs das Zeichen war, dass sie nicht allein sind, dass ihr Gott in ihrem Aufbrechen und ihrem Ruhn an ihrer Seite ist.

Die Wolke. So leicht, so ungreifbar und gerade so das sichtbare Zeichen SEINER Herrlichkeit, die die Erde erfüllt. Herrlich ist, Gewicht hat, was ER sagt, was ER tut, was SEINE Barmherzigkeit tut.

Kein Tempel, keine Kirche, keine festen Mauern, die ihn zu fassen vermögen, geschweige denn, dass wir in den Wahn fallen sollten, wir könnten ihn darin einsperren.

Als die Wolke der Herrlichkeit Gottes SEIN Haus, den Tempel erfüllt, da vermögen die Priester nicht mehr zu stehen. Sie sind nicht mehr in der Lage weiter ihren Dienst zu tun.

Wir träumen davon – zu Hause, unterwegs, in der Kirche -, so oft bitten wir flehentlich darum, dass Gott sich zeigt, dass er nicht fern bleibt, dass er in unsere Mitte kommt. Wenn es dann geschieht, wenn es wahr wird, dann stoppt er uns in unserer emsigen Betriebsamkeit, mit der wir glauben, wir müssten seine Gegenwart irgendwie herbeizuzwingen.

Da füllt seine Barmherzigkeit das Haus, verschafft sich Gewicht, macht unsere harten Herzen weicher, setzt unsere Hände und Füße, unsere Augen, unseren Mund, unser Herz, unseren Verstand in Bewegung, dass in SEINEN Augen Nötige zu tun, das, wozu seine Barmherzigkeit uns drängt.

Amen

Bibeltext zum Sonntag Kantate: 2. Chronik 5,2-14

2 Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des HERRN hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion.

3 Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest,

das im siebenten Monat gefeiert wird.

4 Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf

5 und brachten sie hinauf samt der Stiftshütte und allem heiligen Gerät, das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten.

6 Aber der König Salomo und die ganze Gemeinde Israel, die bei ihm vor der Lade versammelt war, opferten Schafe und Rinder, so viel, dass es niemand zählen noch berechnen konnte.

7 So brachten die Priester die Lade des Bundes des HERRN an ihre Stätte, in den Chorraum des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cherubim,

8 dass die Cherubim ihre Flügel ausbreiteten über die Stätte der Lade.

Und die Cherubim bedeckten die Lade und ihre Stangen von oben her.

9 Die Stangen aber waren so lang, dass man ihre Enden vor dem Chorraum in der Tempelhalle sah, aber von außen sah man sie nicht.

Und sie war dort bis auf diesen Tag.

10 Und es war nichts in der Lade außer den zwei Tafeln, die Mose am Horeb hineingelegt hatte, die Tafeln des Bundes, den der HERR mit Israel geschlossen hatte, als sie aus Ägypten zogen.

11 Und die Priester gingen heraus aus dem Heiligtum – denn alle Priester, die sich eingefunden hatten, hatten sich geheiligt, ohne dass sie sich an die Ordnungen hielten –,

12 und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertundzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen.

13 Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem HERRN. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den HERRN lobte: »ER ist gütig und SEINE Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus des HERRN erfüllt mit einer Wolke,

14 sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes.

Dieser Beitrag wurde unter Aktuelles, Predigten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert