Kurzpredigt zur Jahreslosung 2021, Lukas 6,36

Jahreslosung 2021:

Jesus Christus spricht:

Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist.

 

 

 

 

 

 

Alle unsere Hoffnungen und Sehnsüchte nehmen wir mit in das neue Jahr.

Alle, die wir mit so vielen anderen Menschen teilen:

Unsere Hoffnung, dass die großen, so oft missbrauchten Sehnsuchtsworte nicht auf ewig leere Worthülsen bleiben,

dass wir dem Frieden zwischen Nord und Süd, West und Ost ein wenig näher kommen.

Dass die Grausamkeiten und die Rechtlosigkeit und das Über-Leichen-gehen weniger werden

Natürlich unsere Hoffnung, dass die Corona-Impfstoffe tatsächlich eine Trendwende bringen mögen.

Wir nehmen die Hoffnungen und Sehnsüchte mit ins neue Jahr, die unser persönliches Leben betreffen, die Menschen, mit denen wir unser Leben teilen.

Mitten hinein in unser Sehnen spricht Jesus seine Worte.

Hofft, dass sie Tag für Tag mit uns durchs neue Jahr gehen: uns trösten, uns stärken, uns furchtloser und mutigermachen.

 

Seid barmherzig,

wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist,

das ist Jesu sehnlicher Wunsch für uns.

Euer Vater im Himmel erbarmt sich Euer.

Nach Euch trägt er Verlangen.

Wer wäre er, wenn Ihr, seine Menschen,

ihm auf immer verloren geht?

Ohne Euch kann und will er nicht Gott sein.

Er kann es nicht, weil er es nicht anders will:

Und so kämpft er Tag für Tag so lange mit sich, bis sein herzliches Erbarmen die Oberhand über seinen Zorn aufall die Knüppel gewinnt, die ihr Euch gegenseitig zwischen die Beine werft.

Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt,

so erbarmt sich der HERR über die,

die ihn fürchten.

Er hat die Schreie seiner unterdrückten Kinder in Ägyptengehört.

Er hat sie aus der Hand des Pharaobefreit. Ist vierzig Jahre mit ihnen durch die Wüste gezogen. Hat ihr Gejammer, ihren Kleinmut, ihre Verzagtheit, ihre Undankbarkeit ertragen.

Hat nicht eher geruht, bis er sie in dasLand gebracht hat, dass er ihnen versprochen hat.

Bald schon haben sie die geschenkte Freiheit verschleudert.

Sie haben die versklavt und ausgebeutet, die besonders des Rechts bedürftig sind.

Gott hat das Blut an ihren Händen gesehen.

Er hat ihnen durch seine Propheten wieder und wieder gedroht: Das wird nicht gutgehen, wenn ihr so weitermacht.

Als eingetreten ist, wovor er sie vergeblich gewarnt hat, als so viele ausIsrael ins Exil verschleppt wurden, da hat er nicht anders gekonnt:

Er ist mit ihnen ins Exil gezogen.

Er hätte sich selbst verleugnet, wenn er es nicht getan hätte.

Auch jetzt, in eben diesem Moment, sagt Jesus, ist es Eurem Gott unmöglich, sich die Ohren zuzuhalten.

Ihr mögt das tun, weil ihr Menschen seid und das sonst gar nicht aushalten könntet.

Euer Gott hält das aus, weil er es will.

Er hört die Schreie und die Flüche seiner Menschen, das Wimmern der Unterdrückten, der Verzweifelten, der Untröstlichen.

Er weiß, wie das ist, gequält,

wie Dreck behandelt zu werden.

Sein Wort hat Euer Fleisch und Blut angenommen.

Damit ihr ihm glaubt, wie sehr er Euch liebt,

hat er mich, seinen geliebten Sohn, in Eure Welt gesandt.

Als sie mich, Jesus, am Kreuz gefoltert haben,

da habe ich für die gebetet, die mir das angetan haben: für die, die mich angeklagt, für die, die mich verurteilt, für die, die mich verspottet und mir ins Gesicht gespuckt haben.

Ich habe für meine Freunde gebetet, die mich verleugnethaben, die abgehauen sind

und mich im Stich gelassen haben, weil sie Angst um ihr eigenes Leben hatten.

Ich habe für alle diese Menschen gebetet: Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Ich hab mich darauf verlassen, dass der Vater im Himmel auf mein Gebet hören wird.

 

Erinnert ihr Euch an die Geschichte, die ich Euch erzählt habe, von dem Sohn, der nurweg von seinem Vater will, der sich sein Erbe auszahlen lässt und in kurzer Zeit alles in Saus und Braus verschleudert hat?

„Das war’s!Ich hab’s versaut!Ein für alle Mal,“hat der Sohn gedacht.

Euer Gott ist der Vater, der seinem Kind von weitem entgegenrennt, um es endlich, endlich wieder in seine Arme schließen zu können.

 

Ihr habt einen Gott, der sich Euererbarmt.

Wenn Du an ihm zweifelst,

wenn Du daran verzweifelst, dass Du gar nicht mehr glauben kannst,

wenn Du nicht weißt, wie Du ihm sein Erbarmen noch glauben sollst, überlassdiese Sorge ihm!

Er wird sich Deiner erbarmen.

Du wirst ihm noch danken, dass er Deines Angesichts Hilfe und Dein Gott ist.

 

Wenn Du voller Groll ihm gegenüber bist,

wenn Du ihm die kalte Schulter zeigst,

wenn Dein Bedürfnis, mit allem selber fertig werden zu wollen, Dir verbietet,

ihn um Hilfe anzugehen:

Euer Gott erbarmt sich Deiner.

 

Unser Gott erbarmt sich über das, was Du anrichtest, wenn Du um Dichschlägst:

in Deiner Panik, zu kurz zu kommen,

in Deiner Angst, dass Du mutterseelenallein dastehst und es einfach für Dich nicht reicht.

 

Er erbarmt sich über das, was Du anrichtest, wenn Du voll mit guten Absichten bist,

wenn Du Dir viele Gedanken und Mühe machst,

wenn Du Dein Herzblut vergießt und Du dennoch das Gegenteil von dem bewirkst, was Du Dir erhofft hast.

Euer Gott erbarmt sich über das, was Du mit Deiner Gedankenlosigkeit anrichtest,

mit den Urteilen, die Du über Menschen fällst,

weil Du Dich ihnen überlegen glaubst,

Dich für besser hältst als sie und bist nicht mal einige hundert Meter weit in ihren Fußspuren gegangen.

Nur darauf hofft Euer Vater im Himmel: dass seine Barmherzigkeit es schafft, dass Du Dich traust, selber barmherzig zu sein,

wenigstens einen Anfang zu versuchen, barmherziger mit den anderen zu sein:

barmherziger mit denen, die Dir weh getan haben,

mit denen, die auf Dich herabsehen,

mit denen, die Dich nicht verstehen können,

die Dicheinfach nicht verstehen wollen,

 

barmherziger mit denen,

die wütend auf Dich sind,

mit den Menschen, die Dir Angst machen,

barmherziger mit den Menschen, denen Du Dich haushoch überlegen fühlst.

 

Darauf hofft Euer Gott, sagt Jesus, dass seine Barmherzigkeit es schafft, dass Du Dich traust, ein wenig barmherziger mit Dir selber zu sein, wenigsten einen Anfang damit zu machen:

Er hofft, dass seine Barmherzigkeit Dich aus Deinem Mauseloch rausholt, dass Duaufhörst, vor Scham im Boden zu versinken,

dass Du spürst, wie grundloses ist,

Dich selbst zu bemitleiden,

weil Du ihm auf immer kostbar bleibst,

weil Ihr alle aus seiner Barmherzigkeit lebt, die heute Morgenneu ist,

die an jedem Tagneu sein wird,

an jedem Tag, der vorEuch liegt.

Seid barmherzig,

wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist.

Die Freiheit, barmherzig zu sein und die Freude daran, die schenke Euch Euer Gott!

Amen

Winfried Reuter

Foto 1:

Grey’s Anatomy, St. 5, Folge 9

Miranda Bailey operiert einen Patienten, der bei seiner Einlieferung die Behandlung durch sie abgelehnt und nur von einem weißen Arzt, einer weißen Ärztin operiert werden wollte.

Foto 2:

Grey’s Anatomy, St. 4, Folge 13

Meredith Grey erfüllt den Wunsch eines als Mörder verurteilten Patienten, dem sie im Krankenhaus wenige Tage zuvor medizinisch das Leben gerettet haben, und wohnt dessen Hinrichtung bei.

 

Dieser Beitrag wurde unter Predigten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert