Wachstumshindernisse? In Richtung Sonne wachsen! Apostelgeschichte 6,1-7

 

 

 

 

 

 

 

 

Bibeltext zum 6. September 2020, Apostelgeschichte 6,1-7

1 In diesen Tagen aber, als die Jünger wuchsen,

erhob sich ein Murren unter den griechischen Juden in der Gemeinde gegen die

hebräischen, weil ihre Witwen bei der täglichen Versorgung übersehen wurden.

2 Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen:

Es ist nicht recht,

dass wir das Wort Gottes vernachlässigen, indem wir für die Mahlzeiten sorgen.

3 Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte,

die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind,

die wir bestellen wollen zu diesem Dienst.

4 Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst des Wortes ausharren.

5 Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut;

und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes,

und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas

und Nikolaus, den Judengenossen aus Antiochia.

6 Diese Männer stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten die Hände auf sie.

7 Und das Wort Gottes vermehrte sich

und die Zahl der Jünger wuchs sehr groß in Jerusalem

Es wurden auch viele Priester auf den Glauben aufmerksam.

 

Liebe Gemeinde!

Gott will, dass wir wachsen. Gott will, dass Du wächst.

Gott will, dass ich wachse. Gott will, dass wir gemeinsam wachsen.

Wachsen hat auch was mit Zahlen zu tun. Aber das steht nicht am Anfang.

Schielt nicht auf die Zahlen! Zahlenmäßiges Wachsen kommt, wenn es kommt, von selbst.

Gott will, dass wir in seine Richtung wachsen,

dass wir uns nach ihm ausstrecken, dorthin, woher unser Licht und unsere Wärme kommen.

So wie die Sonnenblumen immer in die Richtung der wärmenden Sonnenstrahlen wachsen.

Gott will, dass etwas zwischen uns wächst.

Zwischen uns wird nur etwas wachsen, wenn wir uns beieinander wohl fühlen.

Bist Du heute Morgen gerne hier?

Hast Du Dich auf die anderen gefreut? Hast Du Dich auf die Konfirmanden und Konfirmandinnen gefreut? Hast Du Dich auf die Älteren gefreut?

Hast Du Dich auf unbekannte Gesichter gefreut, die Du vorher hier noch nie gesehen hast?

Hast Du Dich auf die gefreut, mit denen Du, bis diese blöde Pandemie ausgebrochen ist, zusammen im Chor gesungen hast?

Hast Du Dich auf die Leute gefreut, die Dich am Eingang willkommen heißen, die nachher die Kollekte einsammeln werden?

Hast Du Dich auf die Musik gefreut, auf die Orgel, auf die Posaunen?

Hast Du gehofft, dass es nicht regnet, damit wir gemeinsam singen dürfen?

Hast Du Dich auf Deinen Gott gefreut?

Bist Du neugierig darauf, was er Dir, was er uns zu sagen hat?

Freust Du Dich auf seinen Zuspruch? Wirst Du Dich von ihm überraschen, Dich von ihm auf für Dich völlig ungewohnte Wege locken lassen?

Oder bist Du widerwillig gekommen, mehr oder weniger gezwungenermaßen?

Hast Du Dich verpflichtet gefühlt, die anderen und den Pastor nicht so hängen lassen?

Bist Du Dir unsicher, ob Du hier willkommen bist?

Denkst Du, Du müsstest Dich verstellen, um hier akzeptiert zu werden, Du müsstest eine Rolle spielen, die einfach nicht die Deine ist?

Hast Du Angst, dass die anderen merken, wie unsicher Du Dich in Deinem Glauben fühlst?

Sind Dir die anderen fremd, weil Du denkst, dass ihnen gar nichts mehr heilig ist,

dass sie sich Gott so zurechtmachen, wie es ihnen gerade passt?

Bist Du genervt, gelangweilt, weil das hier nicht Deine Musik ist, weil hier nicht Deine Sprache gesprochen wird?

Fühlst Du Dich hier unwohl, weil Du das Gefühl hast, hier wird über Deinen Kopf hinweg geredet,

hier kommst Du nicht vor,

hier kommt nicht vor, was wichtig ist,

das, worauf es ankommt auf dieser Welt?

Gott will, dass wir wachsen.

Gott will, dass Du wächst.

Gott will, dass ich wachse.

Gott will, dass wir gemeinsam wachsen.

Gott, will, dass wir zu ihm hin wachsen,

dorthin, wo sein wärmendes Licht uns entgegenstrahlt.

Entschuldige bitte, wenn ich Dich mit meiner vielen Fragerei erschlagen habe. Würde mich nicht wundern, wenn Du zwischendurch, mit Deinen Gedanken völlig abdriftest bist.

Ich hab das in Kauf genommen.

Ich hab gehofft, dass unter meinen vielen Fragen vielleicht eine darunter ist, die bei Dir einen Punkt trifft, zu dem Du gerne etwas sagen würdest. Eine Frage, die zu klären Dir helfen könnte, um Dich hier mit den anderen, um Dich bei Deinem Gott willkommen zu fühlen.

Wenn so eine für Dich dabei war, dann vergiss getrost all die anderen.

Bitte nimm das, was Dir da auf den Nägeln brennt nicht auf die leichte Schulter!

Versuch nicht, Dir einzureden, es sei nicht so wichtig. Unserem Gott ist wichtig, was Du denkst, was Du fühlst, was Dich stört!

Gott interessiert sich für Dich und er interessiert sich für mich.

Und er legt es darauf an, uns dafür frei zu kriegen, dass wir uns füreinander interessieren.

Ein Segen, dass Jesu erste Schüler, die drei Jahre lang tagein, tagaus mit ihm unterwegs gewesen sind, dass Gegrummel, das Getuschel, das unterschwellige Gift in der Jerusalemer Gemeinde nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Ein Segen, dass sie nicht leichtfertig darüber hinweggehen, dass sie es wahr– und ernst nehmen.

In Jerusalem ist es das eine beherrschende Thema, das die Gemeinde in zwei Teile zu spalten droht: auf der einen Seite die Alteingesessenen, für die Hebräisch die Muttersprache ist und auf der anderen Seite die zumeist zugezogenen Gemeindeglieder, die mit Griechisch groß geworden sind.

Und die sind bitter, verstimmt und verletzt, weil ihre Witwen bei der täglichen Essensausgabe benachteiligt werden.

Wie kann das sein? Wie kann so etwas passieren in einer Gemeinde, die sich damit brüstet, dass bei ihnen niemand Hunger leiden muss, dass bei ihnen niemand zu kurz kommt, weil die, die Besitz hatten, ihn verkauft haben und nun allen alles gemeinsam gehört.

Gibt es das zwischen uns auch, den einen tiefen Riss, der droht, uns in zwei Hälften zu spalten, der uns daran hindert, zu wachsen, zusammenzuwachsen, gemeinsam zu wachsen. Ich würde sagen eher nicht.

Aber ich mag mich täuschen, wenn ich eher an viele, sehr unterschiedliche kleine Risse denke. An solche, die man leicht übersehen und runterspielen kann und die doch dazu führen, dass Einzelne von uns weggehen, oder von vornherein keinen Zugang finden, oder gar nicht erst den Mut oder die Lust finden, es zu versuchen.

Wie hoch liegt die Hürde, sich in unserer Mitte wohl zu fühlen, für Menschen, die kein festes Dach über dem Kopf haben; die nur schlecht unsere Sprache sprechen, die nicht aus Angst vor einer Corona-Ansteckung keinen Gedanken an irgendwelche Urlaubspläne verschwenden, sondern aus dem einfachen Grund, weil sie es sich einfach nicht leisten können?

Die Jünger Jesu in Jerusalem sind entschlossen, die Dinge nicht auf sich beruhen zu lassen.

Sie rufen alle Gemeindeglieder zusammen, um eine Lösung zu finden, um etwas gegen die vergiftete Atmosphäre zu unternehmen.

Vielleicht liegt es bei uns näher, Gespräche unter vier Augen oder in kleinen Gruppen zu führen. Aber das sind Methodenfragen, nicht unwichtig, aber nicht das Entscheidende, um einen Konflikt anzugehen.

Viel mehr beschäftigt mich, was die Schüler Jesu auf der Versammlung sagen, und wie sie dort auftreten.

Als erstes springt mir in die Augen, was sie alles nicht tun.

Die, die sich bei der Essensverteilung benachteiligt fühlen, werden nicht aufgefordert, ihre Beschwerden vorzubringen.

Ist nicht so da ohne, Dich öffentlich zu outen und dazu zu stehen, dass Du Dich übergangen und ungerecht behandelt fühlst.

Und wie schnell geht das, dass diejenigen, gegen die Du Vorwürfe erhebst, sich provoziert fühlen; dass sie, versuchen, sich zu rechtfertigen, das Ganze runterzuspielen oder anfangen, zurückzuschießen.

Die Jünger Jesus machen ihrerseits anderen keine Vorhaltungen. Sie sagen nicht: Da müssen wir unbedingt drüber reden. Dass kann nicht sein, dass es unter uns so eine Ungleich-behandlung gibt.

Das darf unter Christen und Christinnen einfach nicht sein.

Sie reden nicht über andere. Sie haben über den Kern dieses Konflikts nachgedacht.

Sie haben überlegt, welche Rolle sie selbst in diesem Konflikt spielen.

Und sie sind zu dem Schluss gekommen:

Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen, indem wir für die Mahlzeiten sorgen.

Sucht nach sieben Männern in eurer Mitte,

die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die sollen diesen Dienst übernehmen. Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst des Wortes ausharren.

Definitiv geht es nicht darum, dass sich die Männer mal wieder zu schade sind, in der Küche mitanzupacken. Es sollen ja sieben Männer und nicht sieben Frauen gesucht werden.

Genausowenig geht es darum, dass die Schüler Jesu sich zu schade sind, mitanzupacken und sich die Finger schmutzig zu machen.

Oder glaubt ihr allen Ernstes, dass Jesu Schüler in ihrem Leben jemals den Tag vergessen werden, an dem Jesus sich abends mit der Waschschüssel vor sie hingekniet, Ihnen die verschwitzten, stinkenden Füße gewaschen und anschließend zu ihnen gesagt hat:

Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch untereinander die Füße waschen.

Ich glaube, sie haben überlegt:

Was ist der Kern? Was ist die Wurzel?

Warum läuft das zwischen uns so schief?

Die Antwort, die ich aus ihren Worten raushöre, lautet so:

Wir werden es nicht schaffen, das Evangelium zu leben, wenn wir nicht aus dem Evangelium leben

Wir brauchen das täglich, stündlich.

Wir brauchen das täglich genauso nötig wie unser Brot:

Wir brauchen Gottes, wir brauchen Jesu Stimme: dass sie uns aufrichtet, stärkt, tröstet, dass sie uns aufrüttelt; antreibt, das Rechte zu tun, Widerstand zu leisten oder aber uns stoppt, in den Arm fällt, uns davor bewahrt, anderen wehzutun, sie zu verletzen.

Wie das tägliche Brot brauchen wir Jesu Stimme, die uns davor bewahrt, die andere zu verurteilen.

Wir brauchen Jesu Stimme, dass sie uns abhält, an unseren Sorgen kaputt zu gehen,

dass sie uns frei macht, unsere Feinde zu lieben, frei, es gerne zu tun.

Wir brauchen täglich Gottes Wort, um zu wachsen, um zusammenzuwachsen. Vernachlässigen wir Gottes Wort, dann folgen wir unseren menschlichen Regungen, dem, was wir für normal halten.

Dann bekommen wir es mit der Angst zu tun, dann zersorgen wir uns, stumpfen ab, legen uns einen Schutzpanzer zu, halten uns die andren vom Leib.

Jünger Jesu haben sich gefragt, ob genau das mit ihnen passiert ist.

Ja, sie haben selber die Ärmel hochgekrempelt und mit angepackt.

Haben sich mit in die organisatorischen und praktischen Fragen der täglichen Versorgung der Witwen, der Waisen, der Zugezogenen gestürzt. Möglich, dass sie über dem täglichen Kleinklein ihre Kraftquelle, ihre Wurzel, ihr wärmendes Licht aus den Augen verloren haben.

Möglich, dass sie etwas betriebsblind geworden sind.

Vielleicht haben sie, ohne sich darüber Rechenschaft zu geben, ohne sich selbst dabei auf die Schliche zu kommen, mit dazu beigetragen, dass die, die ihnen wegen der gemeinsamen Muttersprache von Hause aus näher standen, bevorzugt wurden und die Witwen der griechisch sprechenden Gemeindeglieder sich nicht von ungefähr benachteiligt fühlten.

Es hätte nicht passieren dürfen, aber es ist passiert. Und deshalb steht ihr Entschluss fest:

Wir wollen beim Gebet und beim Dienst des Wortes ausharren. Um Euretwillen, um unserer selbst willen, um unserer Gemeinschaft willen.

Wir wollen helfen, dass niemand von uns unsere Kraftquelle, unsere Wurzel, unser wärmendes Sonnenlicht aus den Augen verliert:

dass wir hinhören und uns nach dem ausstrecken, was Gott uns sagen will, dass wir uns noch mehr Zeit fürs Gebet nehmen.

Beten macht unser Tun nicht überflüssig, Beten kann unser Tun nicht ersetzen.

Für einen Menschen zu beten erübrigt nicht, mit ihm zu reden, ihm zuzuhören, ihn Deiner Kritik zu würdigen, ihn zu besuchen, ihm eine whatsapp zu schreiben, ihm bei den Hausaufgaben zu helfen.

Aber Beten ist selbst ein Tun, eine Arbeit, ein Dienst.

Es ist ein Zeichen, dass Du Dich für einen Menschen interessierst,

dass er, dass sie Dir nicht egal ist.

Für einen Menschen zu beten hat Einfluss auf Dein Handeln, auf die Art und Weise wie Du Dich ihm gegenüber verhältst.

Betest Du für die Frau, die Dich so angeraunzt hat, weil Du während des Gottesdienstes whatsapp-Nachrichten beantwortet hast?

Betest Du für die Konfirmanden, die Dich so aufregen, weil sie Dir mit ihrem Gebrabbel alle Konzentration auf die Predigt rauben?

Betest Du für den Menschen, dessen achtlos hingeworfene Worte Dich verletzt haben?

Bete ich darum, dass Gott mich auf die Menschen aufmerksam macht, die sich von mir übergangen fühlen?

Beten heißt anfangen, den anderen Menschen statt mit Deinen, mit Gottes Augen zu sehen und Gott darum zu bitten, dass er Dir dabei hilft.

Die Jünger Jesu machen auf dem Treffen der Gemeinde den Vorschlag, sieben Männer zu suchen, die in Zukunft dafür verantwortlich sind, dass es bei der täglichen Versorgung der Witwen und Waisen gerecht zugeht, dass niemand sich benachteiligt fühlt.

Der Vorschlag findet große Zustimmung.

Hier wird nicht auf den Schuldigen rumgehackt, sondern nach einer konstruktiven Lösung gesucht, die Last dieser wichtigen Aufgabe auf verschiedene Schultern zu verteilen.

Das heißt nicht, dass in Zukunft die einen für die Seele und die anderen für die leibliche, materielle Not zuständig sein werden.

Das Kriterium für die Auswahl der sieben Männer ist nicht Organisationstalent, Fitness beim Rechnen, geschickte Hände, sondern Leute, die auf die Kraft von Gottes Geist setzen, die auf Gottes Weisheit vertrauen.

Einer von ihnen, Stephanus, wird öffentlich bezeugen, warum er an Jesus glaubt.

Er wird dafür gesteinigt werden. Er wird sterbend für die beten, die ihm das antun.

Philippus wird einem Finanzbeamten aus Afrika helfen, die Bibel zu verstehen und ihn anschließend als ersten afrikanischen Christen taufen.

Gott will, dass wir wachsen.

Gott will, dass Du wächst.

Gott will, dass ich wachse.

Gott will, dass wir gemeinsam wachsen,

dass wir zusammenwachsen,

Wachsen werden wir, indem wir uns nach ihm ausstrecken, nach seinem wärmenden Licht, das uns entgegenstrahlt.

Amen

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